Manoever vor Korsika

Die aktuelle Auseinandersetzung um die Privatisierung der staatlichen Fährengesellschaft SNCF hat einen problematischen Beigeschmack, schließlich agiert hier eine radikalnationalistische Gewerkschaft als Entführerin der Fähre Pascal Paoli; neuerdings scheinen die rechtsnationalistischen Parteien sogar Bazookas ins Spiel zu bringen. Tatsächlich aber ist das ganze Schauspiel um die Privatisierung der SNCM nichts als ein auf der Zielgeraden ins Stocken geratene neoliberales Projekt zur Verschleuderung eines Staatsunternehmens, das zunächst mithilfe der EU ruiniert wurde und nunmehr einem Spekulanten namens Butler – zufällig ein alter Kumpel Villepins, wie die FAZ berichtet – zum Auspowern zugeschanzt werden soll. Ein paar Andeutungen dazu in der Wirtschaftspresse, siehe: http://finanzen.tiscali.de/tiscali2/news.htm?u=0&k=0&id=24006833 sowie der Bericht im Neuen Deutschland vom 29.9.05: „Er (Butler) will für die SNCM 35 Millionen Euro zahlen und bis zu 400 Beschäftigte entlassen, während die Regierung zugesichert hat, das Kapital der Reederei um 31 Millionen Euro aufzustocken, ihre Schulden zu tilgen und auch noch den Sozialplan für die Entlassenen zu bezahlen. Die Gewerkschaften, die mit einer ursprünglich angekündigten »Öffnung des Kapitals« durchaus einverstanden waren, wenn dies dem Überleben des Unternehmens dient, wehren sich entschieden dagegen, dass die Reederei »verschleudert« wird. Allein der Wert ihrer zehn Schiffe wird auf 400 Millionen Euro geschätzt. “

Labour-Parteitag lehnt Gesundheitsreform ab

Brighton – Am letzten Tag des Labour-Parteitags im südenglischen Brighton hat die Regierung von Premierminister Tony Blair eine weitere herbe Niederlage hinnehmen müssen. In geheimer Abstimmungen folgten die Delegierten am Donnerstag mit 71 Prozent der Stimmen einem Antrag der Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes, Unison, die sich gegen jede weitere Privatisierung des Nationalen Gesundheitswesens (NHS) sperrt. Damit stellten sich die Parteimitglieder in großer Mehrheit gegen den Regierungskurs.
Gesundheitsministerin Patricia Hewitt will das marode staatliche Gesundheitswesen reformieren. Ein Kernstück der Reformen ist die freiere Wahl der Behandlungsmöglichkeiten und -einrichtungen. Kranke sollen sich künftig in Privatkliniken behandeln lassen können, gleichzeitig aber nicht ihre Unterstützung aus öffentlichen Mitteln einbüßen. Die Gegner befürchten, dass dies auf Kosten der öffentlichen Krankenhäuser gehen könnte.
Außerdem will die Regierung besonders effizienten und erfolgreichen Krankenhäusern den Status von Stiftungen zuerkennen, damit sie ihre Ärzte und Mitarbeiter frei wählen können. Als Stiftungen könnten die Hospitäler zudem die engmaschigen Vorgaben der Besoldung im öffentlichen Dienst aushebeln. Hier befürchten die Reformgegner weiteren Schaden für Krankenhäuser, die ohnehin in Schwierigkeiten stecken, und die Abwerbung besser qualifizierter Ärzte.
Es war die vierte Schlappe der Regierung Blair auf dem Parteitag. Entgegen dem Willen der Parteiführung hatten sich die Delegierten für eine Kopplung der Renten an Gehälter ausgesprochen. Außerdem stimmten sie für eine Besonderheit im Streikrecht, die es künftig Belegschaften erlaubt, aus Solidarität mit Streikenden anderer Unternehmen in den Ausstand zu treten. Schließlich musste die Regierung ein Parteitagsvotum für eine Erhöhung der öffentlichen Förderung von Sozialwohnungen hinnehmen. (APA)
Quelle: >>> http://derstandard.at/?url=/?id=2191441

Wachstumskurs: Privatisierung im Osten erfreut Chemie-Haendler

Brenntag, Europas größter Vertreiber von Chemikalien in Zentral und Osteuropa, wagt den Schritt nach Russland.
wien. Der führende Chemikalien-Händler in Österreich und Osteuropa, die Brenntag-CEE, die aus Wien 50 Standorte in 14 Ländern Osteuropas und in der Türkei steuert, steht vor einem massiven Wachstumsschub. Heuer wird die Tochter des gleichnamigen weltgrößten Chemie-Distributeurs den Umsatz mit 1200 Beschäftigten von 480 auf 550 Mill. Euro und den Gewinn von 20 auf 25 Mill. Euro steigern. Bis 2010 plant Brenntag-Geschäftsführer Helmut Struger ein jährliches Umsatzplus von 14 und ein Ertragsplus von 20 Prozent. Das bedeutet bis 2010 eine Verdoppelung des Umsatzes auf 1,1 Mrd. Euro, der Gewinn wird auf 55 Mill. Euro steigen. Nur mehr ein Fünftel des Umsatzes soll dann aus Österreich stammen – jetzt ist es ein Drittel.
„Wir profitieren von der Privatisierung der Öl- und Chemieindustrie in diesen Ländern, weil die Konzerne die Distribution, die sie derzeit überwiegend selbst machen, auslagern“, so Struger zur „Presse“. Derzeit gelangen in Westeuropa 20 Prozent der Chemikalien über eigenständige Vertriebsfirmen an den Kunden, in Osteuropa seien es erst drei bis vier, in Russland gar nur ein Prozent. Ein Grund mehr, jetzt auch eine Niederlassung in Russland zu gründen. Nächstes Jahr sollen die Ukraine und Griechenland folgen. Struger: „Wir investieren jährlich rund 15 Mill. Euro in die Expansion.“ Derzeit beliefert Brenntag 22.000 Kunden mit 40.000 verschiedenen Chemie-Produkten.
Als zweiten Wachstumstreiber nennt Struger die expandierende Kunststoff-, Textil- und Leder-, Kosmetik- sowie Papierindustrie in Osteuropa. Zusätzlich bildeten niedrige Steuern und Arbeitskosten Anreize für Produktionsverlagerungen aus Westeuropa. Im Umfeld der neuen Automobilwerke hätten sich etwa Lacke- und Farbenerzeuger angesiedelt. Und nicht zuletzt spiele die steigende Kaufkraft und damit Konsumbereitschaft in diesen Ländern eine wesentliche Rolle. Dies betreffe Konsumgüter aller Sparten – vom Automobil bis zu Kosmetika und Lebensmittel. „Unser Markt zählt 400 Mill. Einwohner“, so Struger.
VON HEDI SCHNEID
Quelle: >>> http://www.diepresse.com/textversion_article.aspx?id=509735

Kriegsszenen im Kampf um eine Faehrgesellschaft

28. September 2005 Mittwoch morgen vor der Küste Korsikas: 50 Männer einer Spezialeinheit der französischen Gendarmerie seilen sich von fünf Hubschraubern auf ein Fährschiff ab. Vermummt und in schwarzen Kampfanzügen nehmen sie etwa 30 Gewerkschaftsmitglieder fest und steuern auf das französische Festland zu. Die Szenen erinnern mehr an einen Bürgerkrieg als an eine Auseinandersetzung um ein Wirtschaftsunternehmen.
Angehörige der korsischen Gewerkschaft STC hatten das Fährschiff namens Pascal Paoli – benannt nach einem korsischen Freiheitskämpfer – am Vortag entführt, um gegen die Privatisierung der staatlichen Fährgesellschaft SNCM zu protestieren. Die Festnahme der Schiffsentführer rief im korsischen Bastia wenige Stunden später Hunderte von Demonstranten auf den Plan, die unter anderem eine Kreuzung blockierten. In der Nacht zum Vormittag war es in Korsika sowie in Marseille bereits zu gewalttätigen Demonstrationen gekommen, die Polizeikräfte mit Tränengas beantworten mußten. Paletten wurden in Brand gesetzt, es flogen Steine, und Lastwagen wurden angezündet.
Hafen von Marseille bleibt blockiert
Unterdessen blieb der Hafen von Marseille, der größte Frankreichs, am zweiten Tag hintereinander blockiert. Hafenarbeiten schlossen sich dem Streik der Fährbeschäftigten an. Die Proteste dauern bereits mehr als eine Woche. In der vergangenen Woche wurde auch der SNCM-Chef Bruno Vergobbi fast einen Tag lang an Bord eines Schiffes festgehalten.
Die Proteste zeigen eine zunehmende Radikalisierung am linken Rand der Gewerkschaftsbewegung. In Marseille gibt die kommunistische CGT den Ton unter den Arbeitnehmervertretern der SNCM an, die vor allem zwischen der französischen Mittelmeerküste, Korsika sowie Algerien und Tunesien verkehrt. Auf der korsischen Seite ist es die STC, die auch in Verbindung zur korsischen Freiheitsbewegung steht. Nicht selten schaukeln sie sich gegenseitig zu gewalttätigen Aktionen hoch. Als es am Dienstag zur Entführung der „Pascal Paoli“ kam, wollte die Regierung jedoch nicht länger zusehen, auch wenn sich keine Passagiere an Bord der SNCM-Fähre befanden. Mit Genehmigung des Premierministers Dominique de Villepin befahl Verteidigungsministerin Michele Alliot ihren Elitekräften die Stürmung des Schiffes. Anschließend gratulierte sie diesen zu einem „perfekten Erfolg“.
In wirtschaftlicher Hinsicht zeigt sich die Regierung jedoch nachgiebiger. Am Dienstag abend kündigte Transportminister Dominique Perben an, daß die Regierung doch nicht 100 Prozent der SNCM verkaufen, sondern eine Minderheitsbeteiligung behalten wolle. Linke Politiker und Gewerkschaften fordern dies, „um die Zukunft des Unternehmens zu sichern“. Dabei erlebte die SNCM gerade im Staatsbesitz ihren Niedergang und steht heute am Rande des Bankrottes. Daran erinnerte am Mittwoch der Geschäftsmann Walter Butler, der eine Beteiligungsgesellschaft für Sanierungsfälle führt. Er will SNCM übernehmen und hat dafür bereits die Zusage der Regierung erhalten. Eine Minderheitsbeteiligung des Staates scheint er zu akzeptieren, alleine schon weil er auf eine Wiederherstellung des sozialen Friedens hofft – was derzeit freilich wie ein frommer Wunsch wirkt. Butler will 35 Millionen Euro für die Übernahme der SNCM bezahlen und 350 bis 400 der knapp 2400 Stellen streichen. Vom Staat verlangt er die Übernahme von 82 Millionen Euro Schulden und die Teilnahme an einer Kapitalerhöhung für 31 Millionen Euro. Am Mittwoch sagte er, daß er eine Minderheitsbeteiligung des Staates von 15 bis 20 Prozent prüfen werde. Das Erreichen der Gewinnzone in vier Jahren hält er für möglich.
„Abenteurer des Finanzwesens”
Für die Gewerkschaften sind Investoren wie Butler ein rotes Tuch. Sie gelten als kaltherzige Kapitalisten, die zur Gewinnmaximierung möglichst viele Stellen abbauen wollen. Die Regierung fand bisher freilich keinen Kaufinteressenten aus der Fährbranche, der sich auf das Abenteuer eines SNCM-Kaufes einlassen wolle. Neben Butler bewarb sich nur noch eine andere finanzorientierte Beteiligungsgesellschaft. Butler, Sohn eines Amerikaners und einer Brasilianerin, hat eine typisch französische Beamtenkarriere mit der Absolvierung der Eliteschule ENA und dem Eintritt in die Finanzinspektion hinter sich. In den achtziger Jahren aber wechselte er zur Investmentbank Goldman Sachs. Mit guten Kontakten zu französischen Spitzenpolitikern sowie Führungskräften der Wirtschaft ausgestattet, startete er Anfang der neunziger Jahre seinen ersten Fonds.
Die CGT bezeichnete Butler schon 1996 als „Abenteurer des Finanzwesens”. Daß Finanzinvestoren auch in Frankreich zunehmend zur wirtschaftlichen Normalität gehören – mangels anderer Investoren -, wollen die französischen Gewerkschaften nicht wahrhaben. Im Fall der SNCM glauben sie zusammen mit der sozialistischen Partei, daß die Regierung ein Unternehmen „verschleudere“, denn alleine die Aktiva der SNCM seien 500 Millionen Euro wert. Daß die Fährgesellschaft hoch verschuldet ist und bei sinkendem Umsatz seit fünf Jahren Verluste schreibt, unterschlagen sie.
Die korsische Note verleiht dem Streit um die SNCM-Privatisierung unterdessen eine besondere Radikalität. Die Gewerkschaft STC ist in den Unternehmen auf der Insel eine einflußreiche Kraft. Die Marineabteilung, angeführt von dem Korsen Alain Mosconi, gilt dabei als „Staat im Staat”. Während andere STC-Mitglieder versuchen, ihre Unabhängigkeit vom gewaltbereiten Teil der korsischen Autonomiebewegung zu demonstrieren, zeigt Mosconi offen seine Sympathien. Mosconi führte denn auch persönlich die Entführung des SNCM-Schiffes an. Nach Aussagen der Staatsanwaltschaft von Marseille drohen ihm nun 20 Jahre Haft. Allerdings sind in Frankreich in der Vergangenheit etliche Verfahren gegen gewalttätige Gewerkschaftsmitglieder im Sande verlaufen, vor allem wenn es sich um Prominente handelt.
Von Christian Schubert
Quelle: F.A.Z., 29.09.2005, Nr. 227 / Seite 20
>>> http://www.faz.net/s/RubEC1ACFE1EE274C81BCD3621EF555C83C/Doc~EC8B57792F61343AE814C3A0D4CD0BD4A~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Marseille: Schiffsbesetzung wegen Privatisierungsankuendigung

Massive Proteste folgten auf die Pläne, die Fährgesellschaft SNCM an zwei Investmentfonds zu verscheuern. Schiffe mit Fährkunden liegen blockiert im Hafen, der Chef wurde vorübergehend festgehalten, Schiffe wurden nach Korsika umgelenkt („korsische Produktionsmittel nach Korsika“), in Bastias Straßen wehrten Aktivisten nächtliche Angriffe der Polizei ab. Die militanten Proteste haben längere Tradition. Aktuelle Meldungen vielleicht am ehesten über Indymedia Marseille und Indymedia Paris.

Privatisierungen sollen Tuerkei 20 Milliarden Dollar bringen

Die Türkei peilt in diesem Jahr einen Erlös von 20 Milliarden Dollar (rund 16,7 Milliarden Euro) aus der Privatisierung von Staatsbetrieben an. In den ersten neun Monaten seien bereits 15 Milliarden Dollar (12,5 Milliarden Euro) eingenommen worden, sagte Finanzminister Kemal Unakitan nach einer Meldung des türkischen Nachrichtensenders NTV vom Dienstag. Die Erlöse sollen demnach für den Abbau der Staatsverschuldung verwendet werden. Mit weniger Schulden müsse der türkische Staat auch immer weniger Zinsen für neue Kredite aufnehmen, sagte Unakitan.
(AFP)
Quelle:
>>> http://www.rheinpfalz.de/perl/cms/cms.pl?cmd=showMsg&tpl=ronMsg.html&path=/ron/welt&id=050927131646.e4asto3f

Muell-Privatisierung und Rekommunalisierung

Was das Schicksal von 18 Müllwerkern mit Privatisierung zu tun hat, schildert eine Reportage in der Berliner Zeitung ausnehmend anschaulich und informativ. Sonst ziemlich trockene Zusammenhänge werden hier runtergebrochen aufs Konkrete, ein Lehrstück in Sachen „Was ist Privatisierung“ und deutlich wird einmal mehr, wie sehr die „größere Effizienz“ durch Privatiserung schlicht bedeutet: Niedrigere Lohnkosten.
Auch interessant der Schlenker am Ende der Reportage auf die auch unter EU-Ägide mögliche Rekommunalisierung:
„Es gibt inzwischen allerdings in einigen Kommunen Politiker, die nicht mehr bereit sind, das Lohndumping infolge von Privatisierungen hinzunehmen. Drei Brandenburger Landkreise haben das Auslaufen der Altverträge mit privaten Firmen jetzt dazu genutzt, die Müllabfuhr wieder zu einer kommunalen Aufgabe zu machen. Auch die Uckermark, eine der ärmsten Regionen in Deutschland. In der Kreisstadt Prenzlau begegnet man einem ganz unvermuteten Optimismus in der Gestalt des 50-jährigen SPD-Landrats Klemens Schmitz. Der umreißt das Problem so: ‚“Wir bekommen im Kreis knapp acht Millionen Euro Abfallgebühren pro Jahr. Wir haben überlegt, wie können wir soviel wie möglich davon in der Uckermark behalten?'“
Schmitz wusste, dass nur eine Gesellschaft in hundertprozentig kommunalem Eigentum garantiert, dass der Kreis die Kontrolle über Preise und Löhne behält. Denn auch das hat Brüssel bestimmt: Wenn sich eine Kommune entschließt, Müll, Wasser, Strom komplett selbst zu betreiben, muss es keine Ausschreibung geben und die Gesetze des Marktes gelten nicht. Landrat Schmitz sagt, das funktioniere hervorragend. Die neue kreiseigene Dienstleistungs-Gesellschaft mbH wird eigene Müllwagen und Mülltonnen anschaffen. Sie wird ihren 69 Müllwerkern Tariflöhne zahlen, weil sie keinen Gewinn erwirtschaften muss. Sie werde kontrolliert, um Parteien-Filz zu verhindern. So schiebe die Rekommunalisierung nicht nur dem Lohndumping einen Riegel vor, sagt er. „Wir garantieren auch eine hohe Qualität der Entsorgung. Und wir können sogar die Gebühren senken.'“
Quelle: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/seite_3/486413.html

Privatisierung der oesterreichischen Staatsdruckerei

Spezialdruck: Marken-Ware
Seit der Privatisierung ist es der Staatsdruckerei gelungen, attraktive Nischen auf internationalen Märkten zu erschließen – unter anderem mit dem Briefmarkendruck für Länder, denen die entsprechenden Produktionsmittel fehlen.
Besucher könnten den Eindruck gewinnen, es handle sich bei dem Gebäude um ein Hochsicherheitsgefängnis: Wer das Betriebsgelände betreten will, muss zunächst bei einer Gegensprechanlage sein Anliegen glaubwürdig vorbringen, sonst bleibt das massive Metalltor verschlossen. Ist die erste Hürde überwunden, tut sich eine weitere Barriere auf: Vor der Lobby verhindern aus Sicherheitsglas gefertigte elektrische Schiebetüren, dass ungebetene Gäste weiter vordringen können. Passieren darf nur, wer den Zweck seines Besuches hier neuerlich erläutert, einen Ausweis beim Portier hinterlegt und sich strikt an die Anweisungen des Sicherheitspersonals hält.
Auf dem derart abgeschirmten Areal befinden sich die Räumlichkeiten der Österreichischen Staatsdruckerei GmbH. Der Name ist freilich irreführend: Der einstige Beamtenbetrieb ist längst ein privates Unternehmen, das sich vorwiegend auf die Entwicklung von Sicherheitsdokumenten konzentriert. Zu den hauptsächlichen Produkten der seit 2002 im 23. Wiener Gemeindebezirk ansässigen Druckerei zählen Pässe, Personalausweise, Wert- und Briefmarken sowie Lotterielose. Die Druckwaren weisen stets mehrere Sicherheitsmerkmale auf, gelten als fälschungssicher und werden unter strengsten Schutzvorkehrungen entwickelt und erzeugt. „In manche Bereiche unseres Unternehmens darf nicht einmal ich hinein“, sagt Geschäftsführer Reinhart Gausterer, der den ehemaligen Staatsbetrieb gemeinsam mit seinem Kollegen Thomas Zach leitet.
Neuorientierung. Nachdem die Druckerei vom vormaligen Eigentümer ÖIAG an das Wiener Private-Equity-Unternehmen ECP Euro Capital Partners veräußert wurde, sind auch die Strukturen gründlich überarbeitet worden. „Es hat für die Aufgaben, welche die Staatsdruckerei früher zu erfüllen hatte, gut funktioniert“, meint Gausterer. „Doch um am freien Markt bestehen zu können, mussten wir einiges umbauen.“ Die neuen Eigentümer sahen erhebliches Wachstumspotenzial vor allem jenseits der österreichischen Landesgrenzen. Langfristig sollte die Abhängigkeit von heimischen staatlichen Aufträgen so weit wie möglich reduziert werden.
Heute wachsen die Umsätze laut den Geschäftsführern pro Jahr um „zweistellige Prozentbeträge“. Die Gesamteinnahmen liegen im höheren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich – detailliertere Zahlen werden nicht bekannt gegeben. Etwa 20 Prozent der Umsätze stammen bereits von Auftraggebern außerhalb Österreichs. „Das Ende der Fahnenstange ist aber noch lange nicht erreicht“, glaubt Gausterer. „Wir peilen bei den Exporten mittelfristig die 30-Prozent-Marke an. Und längerfristig ist sicher noch mehr möglich. Das alles muss aber vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass die Exportquote vor fünf Jahren bei null lag.“
Eines der Standbeine des Auslandsgeschäfts ist der Druck von Briefmarken. Etwa ein Drittel des Umsatzes bestreitet die Staatsdruckerei heute mit deren Herstellung, wobei rund 30 Prozent des Auftragsvolumens im Ausland akquiriert werden. So ist die Wahrscheinlichkeit, dass Briefe im arabischen Raum mit aus Österreich stammenden Briefmarken frankiert sind, relativ hoch. Mit dem Oman etwa unterhält die Staatsdruckerei seit Längerem ein geschäftliches Übereinkommen. Dort stieß unter anderem die gemeinsam mit der österreichischen Post entwickelte „Swarovski-Kristallmarke“, die modernste Drucktechnologie mit in die Marke integrierten Kristallsplittern vereint, auf äußerst positive Resonanz. Für den Jemen wiederum hat die Druckerei bereits mehrere Milliarden Briefmarken produziert. Denn wie in anderen arabischen und auch asiatischen Ländern fehlen dort Produktionsmittel und das Fachwissen, um Briefmarken in ausreichender Menge und Qualität herzustellen.
Und auch im Fernen Osten scheinen die Produkte der Österreicher durchaus gefragt zu sein. Bei einer Geschäftsreise nach China, berichtet Gausterer, habe er am Ende der Seidenstraße ein winziges Postamt entdeckt. Aus reiner Neugierde habe er das dortige Angebot an Briefmarken gesichtet – und die mit Kristallsplittern besetzte Swarovski-Marke gefunden: „Das hat mich dann schon ein wenig stolz gemacht.“ Gemeinsam mit den Postgesellschaften von China und Österreich wird die Staatsdruckerei 2006 anlässlich des Mozart-Jahres zudem eine spezielle Briefmarke entwickeln – eine Weiterentwicklung des Swarovski-Konzeptes. Auf der Marke soll die Illusion eines Feuerwerks entstehen.
Sicherheitsdruck. Im Wege des Briefmarkengeschäfts, so der Plan der Österreicher, sollen allerdings auch Absatzkanäle für weitere Produkte eröffnet werden: vor allem für den Export von Sicherheitsdokumenten. Denn im Zusammenhang mit der Briefmarkenherstellung, so Thomas Zach, „stellen wir unser Können im Sicherheitsdruck unter Beweis“. Internationale Konferenzen und Zusammenkünfte von Briefmarkendruckern werden nun vorwiegend zum Knüpfen von Kontakten genutzt: „Dadurch gelingt es uns immer besser, die für uns recht neuen Märkte zu bearbeiten“, meint Reinhart Gausterer.
Denn die Staatsdruckerei exportiert neben Briefmarken auch Sicherheitsdokumente wie Reisepässe. „Ausgenommen sind zwar Süd- und Nordamerika, besonders gut vertreten sind wir dafür in Asien und Afrika“, sagt Gausterer. Zwecks steter Innovation wird dabei auch mit Unternehmen wie Philips und dem Chiphersteller Infineon sowie Wissenschaftern des Forschungszentrums Seibersdorf und der deutschen Fraunhofer-Institute kooperiert. Angespornt wurde die Zusammenarbeit mit den Experten durch die Entwicklung des neuen, ab kommenden Herbst international vorgeschriebenen Reisepasses, der biometrische Daten seiner Inhaber dauerhaft speichern soll. Die im nächsten Jahr eingeführten Reisedokumente müssen vorerst zwar lediglich ein Foto des Inhabers elektronisch gespeichert haben, doch in der Staatsdruckerei ist man bereits auf die Speicherung weiterer, umfangreicherer Sicherheitsmerkmale vorbereitet.
Gemeinsam mit dem Forschungszentrum Seibersdorf wird derzeit außerdem an neuen Druckfarben getüftelt, die unverwechselbar und fälschungssicher sein sollen. Ein mögliches Geschäftsfeld schwebt Gausterer bereits vor: „Ein indischer Beamter hat mir einmal im Vertrauen erzählt, dass ihre Lebensmittelmarken für Bedürftige recht oft gefälscht werden. Die Fälscher hamstern Konsumgüter und verkaufen sie dann.“
Johannes Strohmayer, ECP-Chef und Aufsichtsratsvorsitzender der Staatsdruckerei, zeigt sich mit der Entwicklung des Unternehmens jedenfalls durchaus zufrieden. „Besser konnte eine Privatisierung nicht laufen“, meint der frühere LIF-Politiker. „Der Finanzminister kassiert heute von uns mehr Steuern, als er früher Dividende bekam.“ Knapper äußern sich naturgemäß die früheren Eigentümer. „Wir denken, dass die nunmehrigen Gesellschafter durchaus zufrieden sein können, wie sich das Unternehmen entwickelt hat“, konstatiert ÖIAG-Sprecherin Anita Bauer. Gerhard Hennerbichler wiederum, Zentralsekretär der Gewerkschaft Druck, Journalismus und Papier, findet, dass „bei der Privatisierung für uns zwar eine recht unangenehme Situation aufgrund personeller Härten entstanden ist“. Dennoch könne man „die Staatsdruckerei als einen der wenigen österreichischen Musterbetriebe bezeichnen“.
Offenbar sehen dies auch ausländische Geschäftspartner und Branchenbeobachter ähnlich: Im vergangenen Jahr erhielt die Staatsdruckerei, passend zum 200-jährigen Bestehen des Unternehmens, in einer bestimmten Kategorie den ersten Preis bei der „Government Postage Stamp Printers Conference“ – einer Art Oscar-Verleihung für Briefmarkenhersteller.
Mario Wally

Quelle: Profil 39/05 (>>> http://www.profil.at/index.html?/articles/0538/560/122198.shtml)

Raiffeisen wird Berater bei Privatisierung der kroatischen INA

Gemeinsam mit Merrill Lynch – HTV: Bestätigung der Zagreber Regierung am Donnerstag erwartet
Zagreb – Ein Konsortium der Raiffeisenbank und der amerikanische Merrill Lynch wird die Zagreber Regierung bei der Privatisierung des kroatischen Öl- und Gaskonzerns INA, der größten Firma Kroatiens, beraten.Das berichtete das der staatliche kroatische TV-Sender HTV am Mittwochabend. Eine Regierungskommission sei zu dem Schluss gekommen, dass das Angebot dieses Konsortiums das beste sei. Laut HTV werde die kroatische Regierung bei einer Sitzung am Donnerstag diese Entscheidung bestätigen. Die Berater würden zwischen vier und fünf Millionen Euro verdienen. Wie Medien in Zagreb berichteten, habe es auch fünf andere potenzielle Finanzberater gegeben: Das Konsortium der Ersten Bank, der kroatischen Hrvatska Postanska Banka und UBS; das Konsortium Credit Suisse, Hypo-Alpe-Adria, Auctor Brokers; das Konsortium CAIB (Creditanstalt Investment Banking) und City Group; das Konsortium der britische HSBC und der Zagrebacka Banka; das Konsortium der Deutschen Bank, Morgan Stanley und der kroatischen Privredna Banka. Kroatiens Premierminister Ivo Sanader hatte im Mai dieses Jahres angekündigt, 15 Prozent des Erdölkonzerns INA über die Börse verkaufen zu wollen. Die Ausschreibung erfolgte Anfang August. Der ungarische INA-Partner MOL begrüßte ausdrücklich die Ankündigung Sanaders. MOL hatte 25 Prozent plus eine Aktie der INA im Herbst 2003 um 505 Millionen Dollar (damals 450 Mio. Euro) gekauft. (APA)
Quelle: Der Standard, 22.09.2005 (>>> http://derstandard.at/?url=/?id=2182912)

Ablenkungsmanoever

Es war absehbar. Die Machenschaften rund um Immobilienverkäufe der Suva im Tessin haben dazu geführt, dass einige damit ihr politisches Süppchen kochen. Die SVP reagierte einmal mehr am schnellsten. Sie fordert die Privatisierung der Unfallversicherungsanstalt. Der unterstellte Zusammenhang zwischen den bisher sieben Verhaftungen (darunter der ehemalige Immobilienverantwortliche der Suva) und der Privatisierung lautet dabei wie folgt: Wäre die Suva eine private Versicherung, wäre dies nicht passiert. So einfach und so knapp drückt sich etwa SVP-Nationalrat Guy Parmelin aus. Dabei geht vergessen: Selbst private Unternehmen – siehe Banken – sind gegen massive Verluste und illegale Praktiken im Immobiliensektor nicht gefeit.
Auch wenn also nicht ganz klar wird, wo der Zusammenhang zwischen einer Privatisierung der Suva und den mutmasslich (noch ist nichts bewiesen) luschigen Immobilientransaktionen liegt, ist das Thema «Privatisierung» selbstverständlich diskussionswürdig. Es wurde denn auch bereits ziemlich ausgiebig darüber gebrütet, und zwar vor der geplatzten Immobilienaffäre. Ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass eine Studie aus der Feder des St. Galler Wirtschaftsprofessors Franz Jaeger erschienen ist, der im Auftrag des Bundesrates eine «Kosten-Nutzen-Analyse» der Suva erstellt hatte. Diese fiel durchaus positiv zugunsten der heutigen Regelung aus, auch wenn Jaeger selbst einer Privatisierung wohlwollend gegenübersteht.
Im Schlussbericht der Studie steht zum Beispiel: «Im gegenwärtigen Zustand können keine bedeutsamen Ineffizienzen festgestellt werden.» Und: «Die Suva schneidet – im Vergleich mit den privaten Unfallversicherern – hinsichtlich des Verhältnisses von Versicherungsleistungen und Einnahmen aus Sicht der Versicherten gut ab.» Bei der Suva fallen keine Kosten für Werbung und Ähnliches an, und die Verwaltungskosten sind tief, was bei einem (Teil-)Monopol allerdings auch nicht weiter überrascht. Negativ verbuchen könnte man, dass bei monopolartigen Gebilden die Innovation gerne etwas zu kurz kommt.
Doch wie auch immer, die Frage der Privatisierung lenkt zurzeit lediglich vom akuten Problem ab, dem die Suva gegenübersteht. Die Suva-Führungsriege muss nun alles daran setzen, dass sie den Reputationsverlust, den sie sich eingehandelt hat, einigermassen begrenzen kann. Die Strafuntersuchungen liegen in den Händen der Tessiner Behörden. Doch dem Verwaltungsrat, in dem nicht weniger als 40 Arbeitgeber-, Arbeitnehmer- und Bundesvertreter sitzen, obliegt es, die internen Konsequenzen zu ziehen – und zwar rasch und in transparenter Weise. Sonst ist das politische Süppchen noch lange nicht gegessen.
24. September 2005, Neue Zürcher Zeitung

kurz erklaert II: Formelle und echte Privatisierung

Auch Wikipedia bietet eine Begriffserklärung zu Privatisierung und unterscheidet zwischen formeller und echter Privatisierung. Ersteres ist die bloße Umwandlung einer öffentlichen Einrichtung (Regiebetrieb, Eigenbetrieb etc.) in ein Unternehmen mit privater Rechtsform (Beispiel: Deutsche Bundesbahn -> Deutsche Bahn AG). Sofern das Unternehmen danach weiterhin von der öffentliche Hand beherrscht wird, bezeichnet man diese Form als formelle Privatisierung. Letzteres ist der Verkauf von Anteilen der Öffentlichen Hand an einem privatrechtlichen Unternehmen („echte Privatisierung“), meist über die Börse (Beispiel: Der Freistaat Bayern verkauft seine Anteile an der VIAG). Dann gibt es noch die Übertragung von Aufgaben, die bisher von staatlichen Einrichtungen erfüllt wurden, auf private Unternehmen (Beispiel: Bau und Betrieb einer Autobahn). Mehr siehe:
http://de.wikipedia.org/wiki/Privatisierung