Elisabeth Voß, langjährige Aktivistin und Autorin im Feld der alternativen und solidarischen Ökonomien hat ein vor allem für Einsteiger_innen sehr lesenswertes Buch vorgelegt.
Zuerst widmet sie sich den Begriffen und Definitionen. Was ist genau gemeint, wenn von „solidarischer Ökonomie“ gesprochen wird? Meist werde darunter, im engeren Sinne, so Voß, „wirtschaftliche Selbsthilfe in kleineren oder größeren Gemeinschaften“ gemeint. Davon ausgehend diskutiert sie im zweiten Schritt die vielfältigen Aspekte und auch Konfliktfelder alternativen Wirtschaftens: Markt und Staat, lokal und regionales Handeln, Verständnisse und Wertigkeiten von „Arbeit“, Teilen und Nutzen statt Besitzen, Selbsthilfe und Eigentum und so weiter. Im dritten Kapitel stellt sie dann die verschiedenen „theoretischen“ Konzepten solidarischen Arbeitens und Wirtschaftens vor. Hier geht es um Degrowth und Post-Wachstum, um Commons und feministische Ökonomie(kritik), um Genossenschaften und Gemeinwesenarbeit, und nicht zuletzt um die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen solidarischen und sozialen Ökonomien.
Den Hauptteil des Buches bilden dann die Praxisbeispiele solidarischen Wirtschaftens, die nach „Themenfeldern“ sortiert aufgeführt werden. Voß nennt eine Vielzahl an Namen und Strukturen, unter anderem aus den Bereichen Landwirtschaft, Wohnen, Energie bis hin zu Finanzen, Soziokultur, Medien und Archiven.
Das Buch ist ein Wegweiser, kein Diskussionsbeitrag und diesen Anspruch löst dieses preiswerte Buch mehr als ein. Sehr sympathisch ist, dass Voß gegen „Nischen“ argumentiert und dafür eintritt, sich den Macht- und Herrschaftsverhältnissen zu stellen. Die Basis für solidarisches Wirtschaften sind für sie tragende soziale Beziehungen, sie sind die Basis für alles. Immer wieder weist sie ausdrücklich darauf hin, dass solidarisches Wirtschaften auch bedeutet, eine Transformation des öffentlichen Sektors (etwa der Wasser- oder Stromversorgung) nach der alternativen, wenn nicht antikapitalistischen Maxime, dass die (staatliche) Daseinsvorsorge die Teilhabe für alle Menschen gewährleisten muss, anzugehen. Ihr mit einem nützlichen Literaturverzeichnis versehenes Buch macht überdeutlich, dass es angesichts einer Welt, in der das Leben der einen (wenigen) jedes Maß verloren hat, und in der das Leiden der anderen (vielen) unermesslich ist, viele Alternativen gibt und wie diese – fragend und optimistisch – weitergetragen werden könnten.
Elisabeth Voß: Wegweiser Solidarische Ökonomie. Anders Wirtschaften ist möglich; zweite, aktualisierte und wesentlich erweiterte Auflage, AG SPAK Verlag, Neu-Ulm 2015, 204 Seiten, 10 EUR
Website von E. Voss mit weiteren Informationen rund um solidarische Ökonomien: http://elisabeth-voss.de/