Privatisierung im Wassersektor: Zehn Mythen

„Öffentliche Versorgungsunternehmen sind ineffizient, korrupt und nicht reformierbar“
Es gibt keine empirischen Beweise, dass private Wasserversorger per se besser, kostengünstiger oder effizienter sind als öffentliche Unternehmen. Auch in Entwicklungsländern gibt es viele Beispiele für erfolgreiche Betriebe beziehungsweise für eine Sanierung kommunaler Betriebe ohne eine Beteiligung privater Unternehmer.

„Es geht nicht um Privatisierung, sondern um Beteiligung privater Unternehmen“
Das ist in den meisten Fallen richtig. Und „Beteiligung“ klingt besser. Aber privat ist nicht gleich privat. Die beteiligten Unternehmen sind in vielen Fallen kapitalkräftige, mächtige, international operierende Multi-Utility-Konzerne. Einheimische private Unternehmen spielen meist nur eine untergeordnete Rolle.

„Die Privatisierung bringt zusätzliche Investitionen“
Die Finanztransaktionen der TNCs sind so undurchsichtig, dass diese Behauptung schwer zu belegen ist. Eindeutig ist dagegen, dass nach wie vor der größere Teil der Investitionen in vielen Projekten, an denen transnationale Konzerne beteiligt sind, aus öffentlichen Quellen (Weltbank, KfW, Regierungen) stammen.

„Die Privatisierung bringt Technologie und Know-how“
Die meisten TNCs sind eher an High-Tech-Konzepten, Bauaufträgen und standardisierten Lösungen interessiert, da hier die Gewinnmöglichkeiten am größten sind. Notwendig sind dagegen einfache, kostengünstige und auf die lokalen Gegebenheiten abgestellte Lösungen. Für ihre Umsetzung und Instandhaltung sind in vielen Fällen Basisgruppen, Nichtregierungsorganisationen, Nutzergruppen und kommunale Betriebe geeigneter als gewinnorientierte Unternehmen.

„Markt und Konkurrenz helfen den Entwicklungsländern und bringen effizientere Lösungen“
Im Wassersektor ist die Konkurrenz sehr eingeschränkt, das Versorgungsunternehmen hat in der Regel ein Monopol. Und auf dem Weltmarkt herrscht ein Oligopol von wenigen transnationalen Konzernen, die Regierungen und Stadtverwaltungen weitgehend die Vertragsbedingungen diktieren können.

„Um die Versorgung sieherzustellen, sind jährlich 60 Milliarden US-Dollar zusätzlich notwendig“
Dieser Investitionsbedarf basiert auf den Lösungskonzepten der Konzerne, ihren Kostenkalkulationen und Gewinnerwartungen. Für eine Versorgung der „Problemgebiete“ und unzureichend versorgter Bevölkerungsgruppen sind dagegen einfache, angepasste und damit erheblich kostengünstigere Lösungen notwendig – und vielfach auch vorhanden.

„Die Armen profitieren von einer Beteiligung privater Unternehmen“
Der Beitrag zu einer besseren Versorgung armer Bevölkerungsgruppen ist gering, da sie nicht gewinnbringend ist. Für ihre Versorgung bleiben die Armen auch weiterhin auf Selbsthilfegruppen, Gemeinden und Entwicklungsorganisationen angewiesen.

„Kostendeckende Preise sind möglich“
Ja, aber nur, wenn sie entweder subventioniert werden – was die Weltbank ablehnt – oder so hoch sind, dass die Armen sie nicht bezahlen können.

„Die beteiligten Unternehmen werden durch Regierung, Regulierungsbehörden und Gemeinden kontrolliert und reguliert“
In den meisten Fallen ist das Macht- und Informationsgefälle so groß, dass Regulierung und Kontrolle kaum möglich sind. Der Aufbau wirksamer Regulierungsbehörden ist gerade im Wassersektor der Entwicklungsländer zudem sehr schwierig und aufwendig.

„Es gibt keine Alternative“
Das könnte zu einer Behauptung, die sich selbst erfüllt, werden. Denn da ein Großteil der öffentlichen Ressourcen von Entwicklungsorganisationen, Regierungen und multilateralen Finanzinstitutionen für die Förderung der Privatisierung verwendet werden, werden die Mittel knapp, um die bestehenden Alternativen wie kommunale Versorgungsbetriebe oder lokale, angepasste Lösungen zu unterstützen und zu stärken.

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Literaturhinweis:
Privatisierung im Wassersektor. Entwicklungshilfe für internationale Wasserkonzerne – Lösung der globalen Wasserkrise? von Uwe Hoering
Herausgegeben von Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung e.v. (WEED)
Internet: http://www.weedbonn.org

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