Konzerne hoffen auf Auto-Maut

Ein Ausverkauf der Autobahnen ist nicht wahrscheinlich. Doch an der Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur durch private Investoren führt kaum ein Weg vorbei
Ausgerechnet jetzt, dachte Friedrich Steiger, als er im Radio die Debatte über die Autobahnprivatisierung hörte, die der designierte Finanzminister Peer Steinbrück vorige Woche entfachte, nachdem sie bereits schon von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement ins Spiel gebracht worden war. Die Nachricht erreichte den Vorstandsvorsitzenden des Verbands Unabhängig Beratender Ingenieure und Consultants (VUBIC) auf der A8 bei Stuttgart – auf dem Weg in den Italienurlaub. „Mein erster Gedanke war: umkehren“, sagt Steiger, dessen Verband seit Monaten die Vorteile eines privaten Autobahnnetzes predigt und sogar schon ein Modell dazu entwickelt hat.
Steiger entschied sich gegen das Umkehren und für Italien, so daß er die Diskussion nun im Heilbadeort Montegrotto Terme verfolgt und zuweilen am Hoteltelefon Interviews gibt. Was die Öffentlichkeit jetzt hitzig diskutiert, hat sein Verband längst kühl durchgerechnet. In seinem Modell geht er von 100 Milliarden Euro Verkaufserlös für die Autobahnen aus und schlägt eine Auto-Maut von vier Cent pro Kilometer vor, bei gleichzeitiger Absenkung der Mineralölsteuer um 30 Cent. Ob ein solches Modell Realität wird, ist allerdings fraglich. Eine Vollprivatisierung komme nicht in Frage, sagen Experten. Der Staat könne sich nicht aus seiner Verantwortung stehlen, da an den Autobahnen gesamtwirtschaftliches Interesse hänge. Trotzdem ist es an der Zeit für einen Paradigmenwechsel in der Verkehrsfinanzierung. Drängende Investitionen kann der klamme Bundeshaushalt schwer bewältigen. An einer Beteiligung privater Investoren wird ebenso wie an der Auto-Maut kaum ein Weg vorbeiführen.
Bis zu 127 Milliarden Euro könnte der Staat einnehmen, wenn die deutschen Autobahnen unter den Hammer kämen. Auf diese Höhe hat zumindest das Beratungsunternehmen Prognos den Wert des 12 000 Kilometer langen Autobahnnetzes geschätzt. Obwohl die Studie nie dazu gedacht war, den Ausverkauf der Autobahnen anzugehen, weckt das Ergebnis Begehrlichkeiten. Bei einem öffentlichen Haushaltsminus von 1400 Milliarden Euro könnte der Erlös den Schuldenabbau ein gutes Stück voranbringen und außerdem eine Maßnahme sein, möglichst schnell die Maastricht-Kriterien wieder zu erfüllen.
Auf diese Weise würde die Schuldenlast, die auf jeden Steuerzahler kommt, deutlich sinken. Das entkräftet auch das Argument, die Steuerzahler würden um die von ihnen finanzierte Autobahn betrogen und müßten am Ende doppelt zahlen. „In dem Moment, in dem der Bund die Autobahnen verkauft, fließt das Geld zurück in die Staatskasse und wird dem Steuerzahler wieder gutgeschrieben. Denn der Staat sind ja eigentlich wir“, sagt Steiger.
Dennoch scheint die Rechnung des VUBIC so einfach nicht aufzugehen. Nicht nur weil der Vorstoß gegen eine Mauer des Widerstands prallt. Selbst wenn sich die Gegner überzeugen ließen, wäre eine vollständige Privatisierung ohne weiteres gar nicht möglich. „Die Autobahn stellt ein Objekt der Daseinsvorsorge dar“, sagt Verkehrswissenschaftsprofessor Herbert Baum der Universität Köln. Daher kann sich der Staat wohl nicht komplett aus der Verantwortung zurückziehen. „Es gibt bestimmte verfassungsrechtliche Anforderungen, die den Staat verpflichten, Verkehrswege zur Verfügung zu stellen“, sagt Friedrich Ludwig Hausmann, Partner der Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer und Experte für Infrastruktur-Privatisierungen.
In keinem Land der Welt wurde das gesamte Autobahnnetz an private Eigentümer verkauft. Das hat gute Gründe. Vor allem spielen „gesamtwirtschaftliche Erwägungen“ eine Rolle, wie Hans Mayrzedt erklärt. Der Professor für Bau- und Immobilienwirtschaft an der Fachhochschule Biberach sagt: „Eine Autobahn kann man nicht wie eine Fabrik oder ein Stück Brot verkaufen.“ Schließlich sei sie als Teil der Infrastruktur kein normales Gut. Autobahnen erfüllen volkswirtschaftliche Funktionen. Sie dienen sowohl dem Güter- als auch Privatverkehr, entscheiden über die Standortqualität und haben dadurch Auswirkungen auf die Beschäftigung.
Ein reines öffentliches Gut sind sie trotzdem nicht. In diese Kategorie fallen nur solche Güter, bei denen es nicht möglich ist, jemanden vom Konsum auszuschließen, und die ein privater Anbieter deswegen nicht bereitstellen kann. Wegen der Mauttechnik greift dieses Kriterium bei den Autobahnen jedoch nicht. „Mit der Technologie ist es heute möglich, jemanden von der Nutzung auszuschließen, der nicht bezahlt“, sagt Mayrzedt.
Gegen private Betreiber ist daher nichts einzuwenden. Anstatt aber das ganze Autobahnnetz aus Geldnot zu verscherbeln, könnte der Staat befristete Konzessionen an private Betreiber verkaufen, schlägt Mayrzedt vor. Denkbar sei ein Zeitraum von 30 Jahren.
Uwe Kunert, Verkehrsexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), hält eine Versteigerung nach dem Vorbild der UMTS-Lizenzvergabe für ein mögliches Verfahren. Ein ähnliches Konzessionssystem hat Frankreich bereits in den 1970er Jahren eingeführt. Was im Nachbarland auf breite Akzeptanz stößt, stößt hierzulande bei der Autofahrerlobby auf Widerstand. Würde der Staat die Betreiberrechte an Private vergeben, käme damit wahrscheinlich die Auto-Maut durch die Hintertür.
Für einzelne Strecken zahlen müssen Autofahrer bislang nur bei einzelnen Sonderbauten, wie dem Warnow-Tunnel in Rostock. Viele Experten halten die Finanzierung über eine Auto-Maut für das bessere System. „Zweckgebundene Nutzerbeiträge ermöglichen nachfragegerechte Reinvestitionen“, sagt DIW-Experte Kunert. Die Kraftfahrzeug- oder Mineralölsteuer sei viel zu ungenau. Denn was im großen Steuertopf landet, fließt längst nicht allein in den Straßenbau.
„Im allgemeinen Bundeshaushalt gibt es enorme Verteilungskämpfe“, sagt Bremens Verkehrssenator Jens Eckhoff. Für den Ausbau der Infrastruktur sei die Stimmung schlecht. Das hat Folgen, meint Mayrzedt: „Wir verdrängen Investitionen, und das ist der Grund, warum wir unsere Autobahn abwirtschaften.“ Würde ein privater Betreiber eine Auto-Maut kassieren, wären Investitionen in die Straßen gesichert.
Nötig hätte die Infrastruktur das allemal. Deutschland ist das Transitland Nummer eins in Europa. Durch die Osterweiterung dürfte der Verkehr sogar noch weiter zunehmen. Es geht aber nicht nur darum, stark befahrene Autobahnen auszubauen oder Netzteile besser zu verknüpfen. Allein für die Erhaltung muß die öffentliche Hand jedes Jahr mehrere Milliarden Euro hinblättern. „In Zukunft werden Reinvestitionen den größten Teil der Verkehrsausgaben fressen“, sagt DIW-Experte Kunert. Das ahnen auch Verkehrspolitiker wie der Bremer Senator: „Wir brauchen mehr Geld“, sagt Eckhoff, „aber dieses Geld sehe ich nicht in den politischen Haushalten.“
Um voreilige Schritte später nicht zu bereuen, sollte der Bund bei der Vergabe von Betreiberkonzessionen allerdings Weitsicht walten lassen, mahnt DIW-Verkehrsexperte Kunert. „Er muß dafür sorgen, daß Netzteile mit geringer Auslastung genauso einen Markt finden, wie die Filetstücke, auf denen großer Betrieb herrscht“, sagt Kunert und schlägt vor, Verbundskonzessionen zu vergeben. Schwächer genutzte Autobahnstücke könnten dann durch besser ausgelastete Abschnitte quersubventioniert werden.
Nach Investoren für Partnerschaftsprojekte müßte der Bund nicht lange suchen. Investitionen in die Infrastruktur gelten als interessant, da sie einen „stabilen Cash Flow“ versprechen, wie Joachim Spill, Private-Equity-Experte bei Ernst&Young erklärt. „Es gibt einige Private-Equity-Häuser und Banken, die sich so etwas durchaus vorstellen könnten“, sagt er. Gesellschaften wie etwa Terra, Blackstone oder Fortress kämen in Betracht. Anwalt Hausmann von Freshfields Bruckhaus Deringer weiß, daß die Märkte gespannt sind: „Eine ganze Menge Finanzinvestoren und Bauunternehmen warten nur darauf, daß auf diesem Markt hier mehr geschieht.“ Claudia Wüstenhagen
Quelle: Welt am Sonntag, 23. Oktober 2005

Privatisierung: Der neue Charme der Uckermark

Das Ende schien nahe. Alle Post-Aktien, fast alle Telekom-Aktien und praktisch den kompletten sonstigen Beteiligungsbesitz hatte Bundeseichel bereits verscherbelt. In der Tafelsilber-Schublade lag nur noch die etwas angestoßene Bahn und da und dort eine Kaserne samt Truppenübungsplatz. Aber sonst – Ende Gelände.
Von wegen. Peer Steinbrück ist noch nicht mal als Bundesfinanzminister vereidigt, da findet er neben der Schublade mit dem Tafelsilber die mit dem Tafelgold. Und ganz obenauf darin liegen 127 Mrd. Euro auf einmal für den Verkauf des Autobahnnetzes. Super! Damit ließe sich locker ein ganzes Jahr lang der ostdeutsche Transferbedarf finanzieren. Zu dumm nur, daß auch die nächste Regierung bis zum Beweis des Gegenteils nicht ein, sondern vier Jahre halten soll. Deshalb sollten wir lieber heute schon mal nachschauen, was da in dieser Schublade noch an Vermögenswerten liegt, die man verbraten könnte.
Hedge- und sonstige Fonds würden sich wohl am ehesten für die deutsche Forschung interessieren. Die Universitäten sind zwar Eigentum der Länder und damit dem steinbrückschen Zugriff entzogen, aber dann bleiben immer noch die Max-Planck- und die Fraunhofer-Institute, plus diverser Spezialeinrichtungen wie das Heidelberg Krebsforschungszentrum, die Darmstädter Gesellschaft für Schwerionenforschung und die Stiftung Warentest.
Vermutlich würde aus der hiesigen Industrie daraufhin heftige Kritik am Ausverkauf Deutschlands ertönen. Dieser könnte Steinbrück am besten begegnen, indem er für den als nächstes anstehenden Verkauf des Bundeskartellamts nur deutsche Offerten zuläßt – und dann genüßlich dem Bietergefecht zwischen E.on und RWE zusieht.
Für den Fall, daß sich dann die USA über den deutschen Protektionismus beschweren, könnte Steinbrück ihnen wiederum exklusiv den Kauf des Bundesnachrichtendienstes anbieten. Wenn unsere Schlapphüte schon Pullach verlassen müssen, ist es ja eigentlich egal, ob sie nach Berlin oder in die USA ziehen.
Die genialste Lösung wäre es natürlich, die neuen Bundesländer wieder zu verkaufen. Na, vielleicht nicht alle auf einmal, aber man könnte ja klein anfangen – mit der Uckermark zum Beispiel. Als Käufer kämen unter anderem ehrbare russische Oligarchen in Frage, die dort ein Endlager für ehemalige Geschäftsfreunde einrichten könnten, oder Arbeitsplätze für streb- und fügsame Gunstgewerblerinnen schaffen. Die Gewerbeaufsicht dürften sie dann ja völlig legal selbst ausüben.
Amerikanische Investoren hingegen könnten sich dafür interessieren, die scheinbar unattraktive Region im Nordosten Brandenburgs in 23 Fürstentümer aufzuteilen, die sie dann inklusive Adelstitel und garantiert echtem, von Peer dem Großen verliehenen Wappen an kalifornische Softwaremilliardäre weiterverkaufen.
Und wenn das immer noch nicht reichen sollte, um den Staatshaushalt wieder maastrichtkonform zu gestalten, gäbe es da noch die traditionelle hessische Lösung des Verkaufs von Volksvermögen: den Verkauf von Volk. Bekanntlich hatten ja die hessischen Kurfürsten im 18. Jahrhundert ihre Landeskinder in schmucke Uniformen gesteckt und an die damalige Supermacht Großbritannien verkauft, die sie zum Wohle der fürstlichen Kasse im Kampf gegen die rebellischen Kolonien in Nordamerika verheizte. Wer weiß, vielleicht fühlt Steinbrück schon mal bei Condoleeza Rice vor, was die USA für eine Kompanie Kanonenfutter an der irakischen Front zahlen würden.

Kolumne von Detlef Gürtler
Quelle: Die Welt, 22.10.2005 >>> http://www.welt.de/data/2005/10/22/792279.html

Bundesbuerger lehnen Privatisierung der Autobahnen ab

Köln (ots) – Im Auftrag des ARD-Morgenmagazins hat das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap die Bundesbürger nach ihrer Meinung zur Diskussion um den Verkauf von Autobahnen und die Abschaffung der Eigenheimzulage gebeten.
77% der Befragten lehnen den Verkauf von Autobahnen ab, 17% sind für die Privatisierung der deutschen Schnellstraßen.
Quelle: >>> http://www.presseportal.de/story.htx?nr=739226&ressort=5

Unternehmen wollen am Strassenbau verdienen

Die Autobahnen: 12 000 Kilometer lang und bis zu 213 Milliarden Euro wert. Ein Schatz, den man durch Privatisierung heben könnte. Darauf hofft die Bauwirtschaft – bislang mit wenig Erfolg.

VON PETER STEINKE
Ausbau und Unterhalt der Verkehrswege kosten den Staat viel Steuergeld: Laut dem Fernstraßenausbauänderungsgesetz müssten bis 2015 rund 80 Milliarden Euro für das deutsche Straßennetz ausgegeben werden, davon alleine 28 Milliarden für den „vordringlichen“ Aus- und Neubau von Autobahnen. Geld, das der designierte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) lieber zur Haushaltssanierung einsetzten würde. Sein Vorstoß zur Privatisierung von Autobahnen stieß allerdings auf eine breite Ablehnung – bei Parteien und Verbänden.
Die einzigen Befürworter – Bauwirtschaft und Finanzinvestoren – würden nur zu gerne mit dem Staat ins Geschäft kommen. Ihre Rechnung: Das Verkehrsaufkommen im Transitland Deutschland lasse sich genau kalkulieren. Die Ausgaben für den Kauf oder Neubau von Abschnitten könnten – durch langfristig garantierte Maut-Gebühren von Lkw und Pkw refinanziert – die Firmenkassen füllen. So wie es in 13 EU-Ländern bereits funktioniert, wo staatliche oder private Unternehmen die Maut erheben.
Der Bund favorisiert hingegen das so genannte A-Modell, das ohne eine zusätzliche Pkw-Maut auskommt: Der Staat leistet eine Anschubfinanzierung von maximal 50 Prozent der Kosten für den Ausbau von Strecken. Den Rest trägt zunächst die Baufirma. Sie ist 30 Jahre für den Betrieb und Erhalt zuständig. Der Bund gibt dem Betreiber dafür aber die Einnahmen der Lkw-Maut für das jeweilige Teilstück.

Zögerliche Kooperationen
Nach diesem Prinzip startete im Frühjahr Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) die privat-öffentliche Partnerschaft: Als Pilotprojekt ist der Ausbau der A 8 zwischen München und Augsburg europaweit ausgeschrieben. Vier weitere Abschnitte sollen folgen: auf der A 4 in Thüringen, der A 1/A 4 in Nordrhein-Westfalen, der A 5 in Baden-Württemberg und der A 1 in Niedersachsen.
Die Alternative, das „F-Modell“, ist hingegen erst einmal vom Tisch: Privatisierung ganzer Streckenabschnitte oder privater Streckenneubau mit anschließender Gebührenerhebung auch für derzeit noch mautfreie Pkw. Dies werde „nachrangig diskutiert“, bedauert Heiko Stiepelmann, Geschäftsführer des Arbeitskreises private Finanzierung beim Hauptverband der Deutschen Bauindustrie. „Das liegt primär an der Angst vor Bemautung“, kritisiert er die Politik. Stiepelmann glaubt, dass der Staat nicht als Bauherr von Autobahnen auftreten müsse, sondern sich mit der Qualitätskontrolle zufrieden geben könne. „Wir nehmen für uns in Anspruch, die Aufgabe wirtschaftlicher wahrnehmen zu können.“
Das Nachdenken über derartige alternative Finanzierungsmodelle ist indes nicht neu. Schon Anfang der 90er Jahre, als die Mammutaufgabe der Erneuerung des DDR-Verkehrsnetzes anstand, suchten Politiker nach neuen Wegen – mit geringem Erfolg. Lediglich zwei Tunnel wurden privat finanziert: Der Warnow-Tunnel bei Rostock und der Herrentunnel bei Lübeck. Zumindest bei Ersterem scheint sich die Investition nicht auszuzahlen, den Betreibern droht die Insolvenz, weil viel weniger Fahrzeuge den mautpflichtigen Tunnel passieren als geplant. Statt 30 Jahre wollen sie nun 50 Jahre lang Wegezoll kassieren.
Quelle:Frankfurter Rundschau, 20.10.2005

Sachsen-Anhalts Finanzminister Paque gegen Privatisierung von Autobahnen

Magdeburg/dpa. Als «völlig unausgegoren» hat Sachsen-Anhalts Finanzminister Karl-Heinz Paqué (FDP) Überlegungen zum Verkauf von Autobahnen zur Sanierung des Bundeshaushalts abgelehnt. Eine Privatisierung der Bundesautobahnen würde auf eine Autobahnvignette oder kilometerbezogene Pkw-Maut hinauslaufen, kritisierte Paqué einen entsprechenden Vorstoß des designierten Bundesfinanzministers Peer Steinbrück (SPD). «Dies darf nicht sein. Der Staatshaushalt darf nicht auf dem Rücken der Autofahrer saniert werden», sagte Paqué.
Gerade die Autofahrer seien in den vergangenen Jahren schon massiv zur Kasse gebeten worden, sagte Paqué mit Blick auf die Öko-Steuer und die Senkung der Entfernungspauschale. Besonders in dünner besiedelten Flächenländern sei es unverantwortlich, die Mobilität durch Verteuerung des Autofahrens weiter einzuschränken und von Autohaltern Sonderopfer zu verlangen. «Die Autofahrer dürfen in Sachen Steuern nicht zur Milchkuh der Nation werden.»
Steinbrück hatte sich in einem Gespräch mit der «Bild am Sonntag» offen für eine Privatisierung des rund 12 000 Kilometer langen Autobahnnetzes gezeigt. Laut Zeitung bezifferte das Institut «Prognos» den Wert des Netzes auf 127 Milliarden Euro.
Quelle: >>> http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1129469748655&openMenu=1013016724285&calledPageId=1013016724285&listid=1018881578312

Privatisierung des Autobahnnetzes: VDIK dagegen, ASU dafuer

(Bad Homburg) – Der VDIK (Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller e.V.) spricht sich entschieden gegen die Privatisierung des Bundesfernstraßennetzes in Deutschland aus. Der deutsche Autofahrer hat mit seinen Steuerleistungen die Autobahn bereits mehrfach bezahlt!
VDIK-Präsident Volker Lange: „Eine Privatisierung des Autobahnnetzes würde fast zwingend die Einführung einer Autobahnmaut für PKW bedeuten, denn die Käufer wollen damit schließlich Geld verdienen. Mit der Abzockerei der Autofahrer muss endlich Schluss sein; Autofahren ist heute schon teuer genug.“
Das kurzfristige Stopfen von Haushaltslöchern durch die in Erwägung gezogene Veräußerung der Bundesfernstraßen würde darüber hinaus eine weitere Zunahme des Verkehrs auf Landstraßen und in den Innenstädten bedeuten, die schon jetzt sehr stark belastet sind.
Volker Lange weiter: „Nachdem sich die Verkehrsminister der Länder vergangene Woche bereits gegen eine PKW-Maut ausgesprochen haben, soll diese jetzt wohl durch die Hintertür eingeführt werden. Die Autofahrer dürfen aber nicht schon wieder zur Sanierung der öffentlichen Haushalte herangezogen werden, denn sie leisten bereits heute einen ernormen Beitrag zur Finanzierung der Bundesausgaben in Form von Kfz-, Mineralöl- und Öko-Steuer. Es kann nicht sein, dass sie nun auch noch für die Einhaltung der EU-Stabilitätskriterien sorgen müssen.“
Quelle: >>> http://www.verbaende.com/News.php4?m=33768
Der Präsident der Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer e.V. (ASU) Adenauer für Privatisierung des Autobahnnetzes
(Berlin) – „Eine Privatisierung der Autobahnen würde einen gewaltigen Investitions-, Wachstums- und Beschäftigungsschub auslösen“, so ASU-Präsident Dr. Patrick Adenauer.
Darüber hinaus könnten die verkehrspolitischen Maßnahmen schnell umgesetzt werden, die schon seit Urzeiten in den Bundesverkehrswegeplänen stünden und aus Finanzmangel nicht vorankämen.
„Die Kosten müssen da erwirtschaftet werden, wo sie anfallen“ so der ASU-Präsident, deshalb sollten alle Autofahrer Maut zahlen. Im Gegenzug müßten die Kraftfahrzeugsteuer und ein Teil der Mineralölsteuer gesenkt werden. Das ganze Steuersystem müsse verursachergerecht umgestellt werden. „Heute werden doch Kosten und Steuern in unserem Land zwischen allen möglichen Töpfen hin und her geschoben. Das muß ein Ende haben“.
Eine Privatisierung der Autobahnen würde sich mit Einnahmen von rund 127 Mrd. Euro auch positiv auf die dringend notwendige Haushaltssanierung auswirken.
Quelle: >>> http://www.verbaende.com/News.php4?m=33751

"Die Maerkte warten nur darauf" – Baukonzerne und Finanziers aus dem In- und Ausland wollen Autobahnen uebernehmen

Düsseldorf/Berlin – Die Einschläge kommen näher für Deutschlands Pkw-Fahrer: Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage diskutiert das politische Berlin jetzt die Einführung einer Pkw-Maut beziehungsweise eine Autobahn-Privatisierung. In der vergangenen Woche hatten die Landesverkehrsminister das Maut-Projekt noch abgelehnt. Am Wochenende nun erklärte der designierte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD), er müsse die Autobahnprivatisierung „prüfen, ich bin noch nicht festgelegt“. Noch, so scheint es, will keiner raus mit der Wahrheit. Und doch werden sich die deutschen Autofahrer mittelfristig wohl von ihren rein steuerfinanzierten Schnellwegen verabschieden müssen – genau so, wie das viele westeuropäische Nachbarn längst getan haben.
Zum einen fehlt dem Staat das Geld für die Instandhaltung und den Ausbau des Autobahnnetzes. Zum anderen könnte der Verkauf des nach Expertenschätzungen 127 Mrd. Euro wertvollen Netzes die Staatsschulden und damit auch die Zinszahlungen erheblich drücken – um bis zu sechs Mrd. Euro jährlich, heißt es. Interessenten, die die Straßen kaufen, sanieren oder erweitern und per Maut refinanzieren wollen, gibt es reichlich, vor allem aus der Bauindustrie und der Finanzbranche. „Die Märkte im In- und Ausland warten nur darauf“, meint Friedrich Ludwig Hausmann, Partner der Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, die sich seit Jahren mit Infrastruktur-Privatisierung beschäftigt.
Welcher klamme Finanzminister kann da lange widerstehen? Sozialdemokrat Peer Steinbrück jedenfalls ist aus seiner Zeit als Kassenwart in den Landeskabinetten in Kiel und Düsseldorf sowie später als NRW-Ministerpräsident als jemand bekannt, der keine Berührungsängste mit der Privatwirtschaft hat.
Neben den deutschen Groß- und Landesbanken kämen ausländische Finanzkonzerne wie Barclays, BNP Paribas oder Goldman Sachs in Frage, auch Infrastrukturspezialisten wie die Royal Bank of Scotland oder die Royal Bank of Canada oder die umtriebige australische Mcacquarie-Bank, die bereits an der privat finanzierten Warnow-Querung bei Rostock beteiligt ist. Auch internationale Fonds zeigen Interesse – schließlich verspricht das „Transitland“ Deutschland verläßliche Einnahmen. Bisher dürfen freilich offene Immobilienfonds nur in sehr beschränktem Ausmaß in die Finanzierung solcher Projekte einsteigen.
Die Bauindustrie wünscht sich seit langem einen Umschwung in der Infrastruktur-Politik: Hochtief, Bilfinger Berger oder Strabag – alle würden ihre Maut-Erfahrungen aus dem Ausland (Nordamerika, Australien, Asien) nur zu gern auf dem Heimmarkt einsetzen und wären wohl bereit, dafür tief in die Tasche zu greifen. „Die Einführung einer Maut müßte aber mit einer Absegnung der Kfz- und Mineralölsteuer einhergehen“, sagen Hochtief-Chef Hans-Peter Keitel und Herbert Bodner, Vorstandsvorsitzender von Bilfinger Berger, unisono. Die Baukonzerne versprechen sich Milliardengeschäfte mit jahrelang weitgehend gesichertem Cash Flow aus fließendem – selbst aus stehendem – Verkehr.
Zumindest in der Bauphase könnten auch Tausende kleinere und mittlere Zulieferunternehmen von den Aufträgen für die Großen profitieren: Patrick Adenauer jedenfalls, Präsident der Arbeitsgemeinschaft selbständiger Unternehmen (ASU), jubiliert: „Eine Privatisierung der Autobahnen würde einen gewaltige Investitions-, Wachstums- und Beschäftigungsschub auslösen“.
Seit wenigen Jahren sind in Deutschland solche Projekte im Hochbau möglich, etwa für die Sanierung und den baulichen Betrieb von Schulen oder Gefängnissen: Der Bereich zählt zu den Wachstumssparten der Bauindustrie. Würde das Modell auf Autobahnen übertragen, stünden auch ausländische Bewerber am Start, etwa die französischen Baukonzerne Vinci und Eiffage. Vinci hält bereits 23 Prozent am Autobahnbetreiber Autoroutes du Sud (ASF) und ist unter anderem mit „Teerbau“ im deutschen Straßenbau vertreten. Sowohl Vinci und Eiffage haben jetzt für die drei Autobahnen in Frankreich geboten, die komplett privatisiert werden sollen. Auch Cofiroute könnte Interesse haben: Die Gesellschaft ist Mitglied im Konsortium von Toll Collect, das die deutsche LKW-Maut eintreibt.
Aus Italien könnten die Benettons mit ihrer expansionsfreudigen Autobahngesellschaft Autostrade ins Geschäft drängen. „Ein Unternehmen wie Autostrade ist immer aufmerksam, wenn sich etwas im Ausland tut“, so CEO Vito Gamberale. Der mit 3408 Streckenkilometern größte europäische Autobahnbetreiber „Autostrade per l’Italia Spa“ bietet mit einem italienisch-französischen Konsortium bereits für die Autobahn Paris-Rhones.
Beim Bieter-Wettstreit in Frankreich sind auch Spanier vertreten. Die Baugruppe Sacyr Vallehermoso wird unter anderem die Brücke über die Meeresenge von Messina bauen. „Wir suchen überall Chancen“, so ein Sprecher von Albertis, das in Spanien 1500 Kilometer Mautstrecken betreibt. Dazu käme die zum Baukonzern Ferrovial gehörende Cintra, die 16 Autobahnen weltweit betreibt.
Wie der Umstieg vom staatlichen auf ein privates Autobahnnetz konkret ablaufen könnte, ist noch unklar. Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie arbeitet seit Monaten an einem konkreten Vorschlag. Anfang November soll das Papier fertig sein. In den Konzernen ist zu hören, daß die Vergabe einzelner Strecken wirtschaftlich wenig Sinn macht. Um das Risiko besser zu streuen und eine Mischkalkulation von teuren und billigeren Strecken zu ermöglichen, favorisieren viele in der Branche die Vergabe größerer Netze an einen Betreiber oder ein Betreiberkonsortium. Möglicherweise einschließlich der Bundesstraßen – um mögliche Ausweichrouten dicht machen zu können.
Wahrscheinlich würde der Systemwechsel schrittweise erfolgen, von einzelnen Strecken hin zu Netzen. Dabei dürften als erstes an den am stärksten befahrenen Strecken Maut-Häuschen oder -Brücken aufgestellt werden: auf Teilen der A1 in NRW, an der A3 rund um Frankfurt und die A8 bei München. Der gefürchtete Alb-Aufstieg der A8 wird bereits als sogenanntes privatisiertes „F-Modell“ geplant, als Maut-Insellösung. Bisher gibt es zwei derartige Projekte in Deutschland: die Warnow-Querung und den Herrentunnel in Lübeck.
„Die Autobahn-Privatisierung muß gar nicht zwangsläufig die Einführung einer Pkw-Maut zur Folge haben“, meint Jurist Hausmann. Nach britischem Vorbild wäre eine „Schattenmaut“ vorstellbar: Der private Investor, der ein Stück Autobahn gekauft oder für 25 Jahre gepachtet hat, bekommt vom Staat für jedes registrierte Auto eine Gebühr, die wie bisher aus Steuern finanziert wird. Der Autofahrer bräuchte weder Kleingeld noch Maut-Vignette. Hausmann:“Die gesetzlichen Voraussetzungen für ein solches System, bei dem der Staat die Straßen behält, die dann ein Privater betreibt, sind verhältnismäßig leicht zu schaffen.“
Hagen Seidel in: Die Welt, 18.10.2005
Mitarbeit: Ute Müller, Karsten Seibel, Barbara Wörmann, Gesche Wüpper

Designierter Bundesfinanzminister Steinbrueck denkt ueber Privatisierung des Autobahnnetzes nach

Steinbrück kündigt Sparkurs an: Designierter Bundesfinanzminister nennt weitere Steuersenkungen „völlig unrealistisch“ / Beifall von der CDU

Mit der Ankündigung eines drastischen Sparkurses hat der designierte Bundesfinanzminister Steinbrück (SPD) eine Vorlage für die an diesem Montag beginnenden Koalitionsverhandlungen gemacht. Auch der Verkauf von Autobahnen und Kürzungen bei Arbeitslosen sollen nicht tabu sein.
„Weitere Steuersenkungen sind völlig unrealistisch“, stellte Peer Steinbrück in der Bild am Sonntag klar und stimmte Bürger und Unternehmen auf einen jahrelangen drastischen Sparkurs ein. Er rechne damit, dass die EU-Kommission von Deutschland von 2007 an die Einhaltung der Maastricht-Kriterien „konkret fordern wird“. Anschließend müsse Deutschland seine Verschuldung von drei Prozent des Bruttoinlandprodukts jedes Jahr um 0,5 Prozentpunkte absenken und jährlich eine zweistellige Milliardensumme einsparen. Agenturen zufolge beziffert eine interne Analyse von SPD-Finanzpolitikern das Einsparvolumen für 2006 auf 14,5 Milliarden. Bei der SPD wollte man dies weder bestätigen noch dementieren. Auch CDU-Chefin Angela Merkel dringt auf einen Sparkurs. Die Einhaltung des EU-Stabilitätspakts werde „hart, aber wir werden das schaffen“, sagte sie dem Spiegel.
Steinbrück sagte weiter, für die Vorlage konkreter Spar- und Streichlisten sei es zwar noch zu früh. Darüber müsse zunächst in den Koalitionsverhandlungen mit der Union beraten werden. Dennoch deutete er bereits an, dass auch der Bereich Arbeitsmarktpolitik und Arbeitslosenunterstützung betroffen sein wird: „Für Arbeitslose heißt das: Wir müssen mehr Geld in Bildung, Ausbildung, Qualifikation und Vermittlung stecken, statt einfach Geld auszuzahlen und in der Arbeitslosigkeit zu alimentieren.“ Darüber hinaus will Steinbrück die Bundesländer in einem „Finanzpakt“ verpflichten, die Streichung von Steuersubventionen künftig nicht mehr im Bundesrat zu blockieren.

Verkauf des Autobahnnetzes
Auch eine weitere Privatisierung staatlicher Vermögen und Beteiligungen sowie den Verkauf des deutschen Autobahnnetzes schloss der künftige Finanzminister nicht aus. Er sei da “ in keiner Weise festgelegt“. Steinbrück widersprach später der Interpretation, er habe damit eine Pkw-Maut befürwortet. Eine Privatisierung der Autobahnen wäre hingegen fast zwangsläufig mit einer Benutzungsgebühr verbunden.
Der CDU-Haushaltsexperte Steffen Kampeter lobte die Sparpläne. Damit sei Steinbrück „in der finanzpolitischen Realität angekommen“. Die Union halte weiterhin eine Mehrwertsteuererhöhung zur Senkung der Lohnnebenkosten für unverzichtbar. Auch der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) will die umstrittene Erhöhung der Mehrwertsteuer zum Teil der Koalitionsverhandlungen machen. Offenbar will die Union aber nicht auf der im Wahlkampf angekündigten Anhebung der Verbrauchssteuer bestehen, wenn die SPD im Gegenzug Einsparvorschläge im Bereich Arbeitsmarktpolitik präsentiert.
Einem Zeitungsbericht zufolge bahnt sich zwischen den möglichen Koalitionspartnern Streit über die Arbeitsmarktpolitik an. Danach fordert die Union, die Zulässigkeit befristeter Arbeitsverhältnisse von jetzt zwei auf vier Jahre zu verlängern. Die SPD lehne dies strikt ab. Vera Gaserow
Quelle: Frankfurter Rundschau, 17.10.2005

Bauindustrie macht fuer Privatisierung mobil

Berlin (ots) – „Private Investoren sollten künftig stärker in den Ausbau, die Unterhaltung und den Betrieb des deutschen Autobahnnetzes einbezogen werden.“ Dafür hat sich heute in Berlin der Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Dr.-Ing. Hans-Peter Keitel, ausgesprochen. Die Bauindustrie unterstütze die Initiative von Bundeswirtschaftsminister Clement, der sich am Wochenende für eine schrittweise Privatisierung des deutschen Autobahnnetzes eingesetzt hatte. Keitel: „Deutschland muss neue Wege in der Verkehrswegefinanzierung beschreiten, wenn wir die Konkurrenzfähigkeit unserer Verkehrs-systeme im internationalen Standortwettbewerb erhalten wollen. Die einzelnen Schritte könnten in einer interministeriellen Arbeitsgruppe unter Einbeziehung der Privatwirtschaft geklärt werden.“
Gleichzeitig sprach sich Keitel dafür aus, die privaten Autofahrer bei einem solchen Systemwechsel und der damit verbundenen Einführung von Nutzungsgebühren zu entlasten. Zur Kompensation schlägt Keitel eine entsprechende Senkung der Mineralölsteuer vor. Hier bestehe ohnehin politischer Handlungsbedarf, da das Gefälle der Mineralölsteuersätze zu den Nachbarstaaten Deutschlands inzwischen so groß sei, dass es zu Steuerausfällen führe.
„Zusätzliche Investitionsmittel allein genügen jedoch nicht, um die Leistungsfähigkeit unseres Verkehrssystems sicherzustellen,“ erklärte Keitel. Deutschland brauche gleichzeitig eine Organisationsreform des deutschen Autobahnsystems, insbesondere der Straßenbauverwaltung. Ganz wichtig sei, die Zuständigkeiten für die Bundesfernstraßen zwischen Bund und Ländern neu zu ordnen. Beispielsweise müsse der Bund künftig eine umfassende Verantwortung für ein Netz von Bundesfernstraßen mit herausragender überregionaler Bedeutung (erweitertes Autobahnnetz) erhalten. Die Bauindustrie rege deshalb an, die im Grundgesetz verankerte Auftragsverwaltung der Länder für die Bundesfernstraßen im Rahmen der bevorstehenden Föderalismusreform auf den Prüfstand zu stellen.
Quelle: >>> http://www.presseportal.de/story.htx?nr=734665

Privatisierung von Autobahnen, Flughaefen, Schulen, Krankenhaeusern, Verwaltungsgebaeuden

Mit dem Chef des Großunternehmens Hochtief Hans-Peter Keitel führte die FAS v.2.10.2005 ein Interview (S.39), in dem sich Keitel zu PPP`s und Flughäfenschnäppchen äußerte (Auszug):
„ANTWORT: Das bedeutet lediglich, daß die öffentliche Infrastruktur künftig mehr und mehr privat finanziert werden muß. Das nennt sich Public Private Partnership, kurz PPP, und ist ein Wachstumstreiber.
FRAGE: Nennen Sie mal eine Zahl.
ANTWORT: Bis 2009 dürften alleine bei Schulen, Verwaltungsgebäuden und Krankenhäusern PPP-Vorhaben für 20 Milliarden Euro ausgeschrieben werden. Und im Straßenverkehr kommen Projekte mit einem Volumen von drei bis vier Milliarden Euro dazu.
FRAGE: Sie sprechen von Mauttunneln und -autobahnen. Das gefällt den deutschen Autofahrern gar nicht.
ANTWORT: Hochtief hat gerade den Herrentunnel unter der Trave in Lübeck fertiggestellt. Und schon gibt es einen sensationellen Andrang: Bislang haben sich fast 25  000 Autofahrer für die elektronische Mauterhebung registriert.
FRAGE: Ein regionaler Spezialfall. Eine generelle Pkw-Maut auf den Autobahnen will in Deutschland praktisch niemand.
ANTWORT: Es ist doch nur noch eine Frage der Zeit, bis wir uns über alternative private Finanzierungsmodelle unterhalten müssen. Und verstanden wird, daß Nutzergebühren kein Teufelszeug sind. Darüber sollte in aller Ruhe und Vernunft geredet werden. Wir werden das mit der Automobilindustrie und den Autoverbänden tun.
FRAGE: Gibt es schon Ergebnisse?
ANTWORT: Die Industrie ist nicht begeistert von einer Maut. Doch jeder will, daß die Mobilität erhalten bleibt. Wenn wir aber in den nächsten Jahren nicht mehr tun, als drei bis vier Pilotstrecken einzurichten . . .
FRAGE: . . . unter anderem auf der A 8 zwischen Augsburg und München und der A 4 bei Eisenach . . .
ANTWORT: . . . dann ist die deutsche Autobahn alleine angesichts der Wachstumsraten im Lkw-Verkehr bald wirklich dicht. Die deutsche Privatwirtschaft muß sich also überlegen, welche Finanzierungsmodelle sie der öffentlichen Hand anbietet.
FRAGE: Könnte es künftig eine Daimler-Hochtief-Autobahn geben?
ANTWORT: Das ist eine plakative Beschreibung des Zustands, den ich mir wünsche: daß wir nämlich in Deutschland alle zusammenbringen, die Interesse an Mobilität haben. Ich sehe zwar noch keine einheitliche Konzeption, aber wir nähern uns an.
FRAGE: Sie haben jüngst die Idee eines privaten Autobahnsystems im Ruhrgebiet geäußert. Wie würde das aussehen?
ANTWORT: Hier wird besonders deutlich, daß das System vor dem Kollaps steht. Wenn sie auf die A 40 auffahren wollen, stehen Sie erst vor einer Ampel, die die Autos nur schubweise auf die Autobahn läßt. Um das System zu verbessern, belege ich alle Autobahnen mit einer nutzungsabhängigen Gebühr, die elektronisch erhoben wird und von den Verkehrsmengen abhängt. Mit den Einnahmen kann ich das System ausbauen. Und zwar innovativer als bisher.
FRAGE: Was heißt das?
ANTWORT: Es geht nicht um traditionelle Einzelfragen wie: Brauchen wir einen dritten Streifen? Es geht intelligenter. Man kann Autobahnen auch zweistöckig bauen, man kann Verkehrsströme lenken, man kann Warenverteilzentren automatisieren – kurz: Wir müssen das Gesamtsystem ändern, um den Verkehr zu bewältigen.
FRAGE: Intelligent ist dieses Konzept auch, weil es Deutschlands größtem Baukonzern ordentlich Geld in die Kasse spülen würde.
ANTWORT: Natürlich würde Hochtief sich gerne beteiligen.

(…)

FRAGE: Ihr nächster kreativer Schritt ist die Übernahme des Flughafens Budapest. Sind Ihre angebotenen 1,6 Milliarden Euro nicht zuviel?
ANTWORT: Diese Zahlen sind kolportiert worden. Daran läßt sich nicht so ohne weiteres der letztendliche Kaufpreis ableiten.
FRAGE: Wie viele Airports haben Sie noch auf Ihrer Einkaufsliste?
ANTWORT: In den kommenden zwei bis drei Jahren dürften sieben bis acht privatisiert werden. Realistisch ist, daß bei uns jedes Jahr ein bis zwei dazukommen.“

kurz erklaert II: Formelle und echte Privatisierung

Auch Wikipedia bietet eine Begriffserklärung zu Privatisierung und unterscheidet zwischen formeller und echter Privatisierung. Ersteres ist die bloße Umwandlung einer öffentlichen Einrichtung (Regiebetrieb, Eigenbetrieb etc.) in ein Unternehmen mit privater Rechtsform (Beispiel: Deutsche Bundesbahn -> Deutsche Bahn AG). Sofern das Unternehmen danach weiterhin von der öffentliche Hand beherrscht wird, bezeichnet man diese Form als formelle Privatisierung. Letzteres ist der Verkauf von Anteilen der Öffentlichen Hand an einem privatrechtlichen Unternehmen („echte Privatisierung“), meist über die Börse (Beispiel: Der Freistaat Bayern verkauft seine Anteile an der VIAG). Dann gibt es noch die Übertragung von Aufgaben, die bisher von staatlichen Einrichtungen erfüllt wurden, auf private Unternehmen (Beispiel: Bau und Betrieb einer Autobahn). Mehr siehe:
http://de.wikipedia.org/wiki/Privatisierung

Stephan Finsterbusch / FAZ.net
19. September 2005
Japans Wahlschlacht ist geschlagen, der Kantersieg von Ministerpräsident Junichiro Koizumi gefeiert, nun geht’s ans Eingemachte. Der Regierungschef läutet die letzten Runden im Rennen um die Privatisierungen der riesigen Staatsbetriebe ein. Nach den milliardenhohen Verkäufen der Anteile an Eisenbahn-, Flug- und Telefongesellschaften, an Öl-, Tabak- und Energieunternehmen während der vergangenen zwei Jahrzehnte stehen nun Post-, Autobahn- und Hypothekenbankgesellschaft auf den Verkaufslisten des Fiskus. Hält Koizumi doch an seiner Parole fest: „Ohne Reformen kein Wachstum“.
So hat er nun weitere Einschnitte ins Gefüge der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt auf der Agenda. Mitte dieser Woche geht es los. Dann wird der Regierungschef dem Oberhaus abermals seine geplanten Gesetzesänderungen für die Aufspaltung und den Verkauf der Japan Post Corp. vorlegen. Anfang November dürften seine jahrelang umstrittenen Pläne zur Privatisierung der Staatspost mit ihren 280.000 Mitarbeitern und 25.000 Zweigstellen beschlossene Sache sein. Sicherten ihm doch die parteiinternen Gegner gerade ihre Zustimmung für sein Vorhaben zu.
Die Postprivatisierung bleibt weiterhin umstritten
Anfang August hatten sie Koizumi noch einen Strich durch die Reformrechnung gemacht. Nun geben sie klein bei. Der Ministerpräsident, der nach einer Abstimmungsniederlage vor vier Wochen das Unterhaus aufgelöst, Neuwahlen ausgerufen und parteiinterne Gegner kaltgestellt hatte, war aus der Parlamentswahl Anfang September als Sieger hervorgegangen. Seitdem kann er sich im Unterhaus auf eine satte Zwei-Drittel-Mehrheit stützen.
Denn nach wie vor ist die Postprivatisierung umstritten. Ist doch die Institution seit mehr als hundert Jahren ein Pfeiler des politischen Systems. Über Generationen diente sie Politikern als Hausbank zur Finanzierung von Infrastruktur- und Prestigeprojekten. Darüber hinaus haben acht von zehn japanischen Haushalten ein Sparbuch, sechs von zehn eine Lebensversicherung bei der Post. Die hier verwalteten Vermögenswerte belaufen sich auf 2,5 Billionen Euro. Das ist mehr als die jährliche Wirtschaftsleistung der Bundesrepublik. Damit ist die Japan Post Corp. dreimal so groß wie die Deutsche Bank und doppelt so groß wie die amerikanische Citigroup.
Weltgrößtes Finanzhaus oder gefesselter Riese?
Theoretisch erscheint sie als weltgrößtes Finanzhaus; praktisch aber ist sie ein gefesselter Riese. Kundeneinlagen darf die Post nicht in Aktien anlegen. In den Jahren des Tokioter Börsencrashs und der anschließenden Finanzkrise war das ein Plus. Für viele Anleger war die Post eine sichere Bank. Noch heute sind knapp 80 Prozent der Postbankeinlagen in heimischen Staatsanleihen geparkt, 10 Prozent stecken in erstklassig bewerteten Firmenanleihen, 5 Prozent in Anleihen anderer großer Industriestaaten und 5 Prozent in Geldmarktpositionen. Neben ihrem bedächtigen Anlageverhalten genoß die Post umfassende Staatsgarantien und war von Mindestreserven, Steuer- sowie Dividendenzahlungen befreit.
Koizumi will das ändern. Er peilt an, die Einlagen in die Privatwirtschaft zu lenken. Dazu soll die Post in den kommenden zwei Jahren in vier unabhängige Unternehmen gespalten und zwischen 2007 und 2017 privatisiert werden. Davon versprechen sich Tokios Reformer Verkaufserlöse von bis zu 40 Milliarden Euro. Darüber hinaus rechnen sie mit Steuereinnahmen von jährlich vier Milliarden Euro. Der japanische Staat kann die Einnahmen gut gebrauchen. Denn wegen der schuldenfinanzierten Konjunkturprogramme der neunziger Jahre verbucht er derzeit Verbindlichkeiten von 5,7 Billionen Euro.
Die Privatisierung ist schon lange im Gange
Dem standen in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten Privatisierungseinnahmen von 230 Milliarden Euro gegenüber. So brachte der Staat schon in den achtziger Jahren erste Anteile der Japan Airlines und der Nachfolgegesellschaften der Staatseisenbahn an die Börse. Er trennte sich von alten Zucker-, Tabak- und Telekommonopolen. Allein im vergangenen Jahr verkaufte er Anteile an Unternehmen wie der Ölexplorationsgesellschaft Inpex und dem Energieversorger J-Power. Darüber hinaus reduzierte er gerade seinen Anteil an der Telefongesellschaft NTT von 40 auf 33 Prozent und nahm so 4 Milliarden Euro ein. In den kommenden Monaten werden weitere milliardenschwere Aktienpakete auf den Markt gebracht.
Die Einnahmen aber dürften die Aufwendungen des Staates kaum aufwiegen. Sind doch die Privatisierungen an umfassende Neuausrichtungen gekoppelt. Dabei stehen die Altschulden im Mittelpunkt. Sie verbleiben in der Regel bei der öffentlichen Hand. Allein die staatliche Eisenbahngesellschaft JNR hatte vor den ersten Anteilsverkäufen 1987 Schulden von 275 Milliarden Euro in ihren Büchern stehen. Diese Last teilten sich die mittlerweile börsennotierten und mit Gewinn arbeitenden JNR-Nachfolgeunternehmen und eine Liquidationsgesellschaft. Wirklich verkleinert wurde sie dadurch nicht.
Privatisierung bedeutet auch, Altschulden zu realisieren
Grund war ein schlechtes Marktumfeld während Japans Finanzkrise sowie eine gute Portion Mißmanagement durch die Liquidationsgesellschaft. Der Staat sprang ein. Er übernahm die Hälfte der Schulden und bediente sie über seinen offiziellen Haushalt sowie über ein Schattenbudget. Das speiste sich aus einem Topf, den das Finanzministerium immer wieder auffüllte. Dazu bediente es sich der riesigen Posteinlagen, deren Verwaltung den Finanzbeamten jahrzehntelang unterstand. Koizumi entzog ihnen mit seiner Machtübernahme im April 2001 diese Aufgabe und läßt sie seitdem schrittweise auf das Management der Post übertragen.
Mit den anstehenden Privatisierungen stehen dem Fiskus nun weitere Altschulden ins Haus. Ende des kommenden Fiskaljahres soll die staatliche Housing Loan Corp., die mehr als 18 Millionen privaten Hausbauern zinsgünstige Kredite gewährte und selbst hoch verschuldet ist, in neue Strukturen überführt sein. Darüber hinaus wird mit Hochdruck an der Privatisierung der Japan Highway Corp. gearbeitet. Die ersten Schritte auf diesem Weg sind gemacht. Im Frühjahr sollen die wichtigsten gesetzlichen Meilensteine für die ersten Anteilsverkäufe passiert sein.
In den vergangenen fünf Jahrzehnten liefen bei der staatlichen Autobahnbaugesellschaft Schulden von 300 Milliarden Euro auf. Wie der Schuldenberg aber abgetragen werden kann, ist offen. Eins steht schon fest, eine Überbrückungslösung mit Hilfe der Posteinlagen wird es nicht geben. Denn die Post steht selbst vor der Privatisierung, dafür hat Regierungschef Koizumi gesorgt.
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