In Leipzig steht ein neuer Bürgerentscheid bevor. In den vergangenen Monaten wurden Unterschriften für eine „Privatisierungsbremse“ gesammelt. Nachdem die Initiative am 22.08.2013 über 25.000 Unterschriften an die Stadtverwaltung übergeben hatte, teilte diese Woche das Amt für Statistik und Wahlen der Stadt Leipzig mit, dass die Prüfung der eingereichten Unterschriften abgeschlossen ist und das Bürgerbegehren „Privatisierungsbremse“ das erforderliche Quorum von 5% der wahlberechtigten Leipzigerinnen und Leipziger erreicht hat.
Damit ist die erste Stufe des Verfahrens Bürgerbegehren – Bürgerentscheid offiziell erreicht. Die Stadtverwaltung bzw. das Rechtsamt der Stadt Leipzig prüft bereits seit acht Wochen den Text des Bürgerbegehrens, der bereits seit Januar 2013 bekannt ist, auf seine juristische Zulässigkeit hin. Ein Ergebnis ist bisher nicht bekannt.
Heute hat der Berliner Energietisch 36.089 Unterschriften an die stellvertretende Landeswahlleiterin übergeben. Damit endet nach nur vier Monaten die Unterschriftensammlung für das Volksbegehren „Neue Energie für Berlin – demokratisch, ökologisch, sozial“. Vorbildlich – und vielleicht auch ein Grund, warum das mit den Stimmen so gut geklappt hat: die 7 Gründe für eine kommunale Energieversorgung in deutscher und türkischer Sprache.
Ulrike von Wiesenau berichtet über die attac-mailingliste über die höchsten Wasserpreise in Deutschland:
Mit einer grandiosen Rede und einer Fragerunde für die Berliner Abgeordneten hat Wassertisch-Vertragsexpertin Gerlinde Schermer am 17. Februar in der ersten Arbeitssitzung des Sonderausschusses „Wasserverträge“ im Berliner Abgeordnetenhaus das Maß für die Vertragsaufklärung durch das Parlament vorgegeben und es ist hoch angelegt. Die Anhörung geriet zu einer beeindruckenden Lehrstunde. Gerlinde Schermer, linke Sozialdemokratin und von 1991-1999 Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, war von Beginn an eine vehemente Kritikerin der Privatisierung der Berliner Wasserbetriebe und stimmte als eine der wenigen Abgeordneten gegen die Privatisierung des Berliner Wassers. Weiterlesen
… nur die Verträge. Nachdem der Berliner Wassertisch mit seinem Volksbegehren erfolgreich war und mehr als 280.000 Stimmen gesammelt hatte, veröffentlichte ein taz-Mitarbeiter auf einem taz-nahen Blog die bisher geheimen Wasserverträge. Allerdings handelt es sich bei den knapp 200 Seiten nur um den eigentlichen Vertragstext und einige Änderungsvereinbarungen. Darüber hinaus wäre auch die Veröffentlichung aller weiteren Unterlagen, die im Zusammenhang mit der Wasserprivatisierung stehen, angesagt – knapp 120 Aktenordner. Grüne Abgeordnete werfen dem Senat vor, die ihnen rechtlich zugesicherte Einsicht bewusst zu verzögern. Bevor nicht alle Unterlagen offen liegen und die „räuberische Privatisierung“ (taz) neu verhandelt werden kann (vgl. den alternativen Gesetzentwurf), ist die Initiative des Wassertischs nicht überholt.
Die große Mehrheit der Menschen im Landkreis Rottal-Inn will nicht, dass die drei Krankenhäuser Simbach, Pfarrkirchen und Eggenfelden verkauft werden. Im Bürgerentscheid am Sonntag, den 08. November, erteilten sie den Plänen von Landrätin Bruni Mayer und der Mehrheit des Kreistages eine eindeutige Absage. Fast 45 000 Wähler – also an die 90 Prozent – sprachen sich für den Verbleib der Kliniken in kommunaler Hand aus. Rund 10 Prozent – rund 5300 Bürger – votierten für den Verkauf an die Rhön-Klinikum AG. Die Wahlbeteiligung lag bei fast 54 Prozent. Mehr lesen
Das erfolgreichste Bürgerbegehren der Stadtfeiert am Montag, 14. Juli, 17 Uhr, mit einem Umtrunk im Osthafen (Nähe Elsenbrücke, gegenüber Allianztower). Der Anlaß: 34.932 Menschen in Friedrichshain und Kreuzberg beteiligten sich am Bürgerentscheid – das sind 18,6 Prozent und damit 3,6 Prozent mehr als das notwendige Quorum. Für den Vorschlag der Bürgerinitiative stimmte eine überwältigende Mehrheit von 86,8 Prozent; den Gegenvorschlag der Bezirksverordnetenversammlung lehnte eine knappe aber deutliche Mehrheit von 55,5 Prozent ab. Mehr taz-Berichterstattung
Hinweis auf eine interessante Gerichtsentscheidung aus der attac-privatisierungs-Liste, „Schwere Klatsche für Verwaltungsgericht“:
2006+2007 waren schlimme Jahre für Bürgerbegehren und -entscheide in NRW. Vielerorts wurden die erfolgreichen Bürgerbegehren mit unsäglich bürokratischen Argumenten einfach für unzulässig erklärt, ob in Mülheim zum Verkauf der Ostruhranlagen, in Oberhausen zur Bäderschließung, in Hattingen zu Schulschließungen und in Düsseldorf zum Verkauf eines Grundstücks am Golzheimer Friedhof. Die Begründungen grenzten z.T. an intellektuelle Beleidigung für die Bürger wie in Oberhausen oder Hattingen.
erklärte der Linkspartei-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch auf einer Pressekonferenz. In einer Presseerklärung vom 3.9.07 heißt es:
„DIE LINKE macht die Abwehr des Ausverkaufs öffentlichen Eigentums und die Demokratisierung der öffentlichen Unternehmen zu einem ihrer politischen Schwerpunkte. DIE LINKE ist die Partei des Öffentlichen, die Partei, sich aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit und der Demokratie um die öffentlichen, personennahen Dienste kümmert, die die Perspektiven von Nutzern, Beschäftigten und Steuerzahlern ausgleichend zusammenbringen will, die für Transparenz und demokratische Kontrolle eintritt.
„Öffentlich! Weil’s wichtig für alle ist“ – unter diesem Motto baut DIE LINKE einen politischen Schwerpunkt auf, mit dem die Handlungsebenen der Kommune, des Landes und des Bundes verzahnt werden sollen.
Mit einem Bürgerentscheid soll der Verkauf ehemals städtischer Wohnungen an Immobilieninvestor Gagfah rückgängig gemacht werden.
Am 11. März wird es erstmals in der Geschichte der schwäbischen Industriestadt Heidenheim einen Bürgerentscheid geben. Die 36000 Wahlberechtigten entscheiden, ob der Gemeinderatsbeschluß zum Verkauf der städtischen Anteile an der Grundstücks- und Baugesellschaft in Heidenheim (GBH) aufgehoben werden soll.
In einer Nacht-und-Nebel-Aktion hatte der Gemeinderat am 9. November mit der Mehrheit aus CDU und Freier Wählergemeinschaft einen entsprechenden Beschluß gefaßt. Geplant ist der Komplettverkauf der GBH an die GAGFAH, einen jener als »Heuschrecken« bezeichneten Wohnimmobilieninvestor mit Sitz in Luxemburg. Der Verkauf der Anteile soll der Stadtkasse Einnahmen in Höhe von 40 Millionen Euro bescheren. Die Grünen, die Mehrheit der SPD-Fraktion und die beiden Gemeinderäte der DKP stimmten dagegen. Sie befürchten weitere Belastungen für die betroffenen Mieter. Zwar befanden sich die 9000 Wohnungen der GBH zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht mehr im direkten Besitz der Stadt, doch durch den 28,6prozentigen Anteil, den die Kommune an dem Unternehmen noch hielt, konnte sie dessen Geschäftspolitik beeinflussen.
Der Verkaufsbeschluß sorgte in der Stadt für Empörung. Die SPD, die Grünen, die DKP, der Mieterverein und die IG Metall initiierten ein Bürgerbegehren dagegen. Innerhalb weniger Wochen wurden knapp 4300 Unterschriften gesammelt und das Quorum von zehn Prozent der Wahlberechtigten deutlich übertroffen.
Das Kommunalparlament machte am vergangenen Freitag den Weg frei für den Entscheid, indem er das Bürgerbegehren für zulässig erklärte. Falls rund 9000 Heidenheimer der Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses vom 9. November 2006 zustimmen, hat dies die Wirkung eines endgültigen Gemeinderatsbeschlusses.
Der DKP-Abgeordnete Ulrich Huber geht davon aus, daß die Verkaufsgegner erfolgreich sein werden. »Wir haben beim Sammeln der Unterschriften gemerkt, daß die Menschen das nicht wollen«, so Huber gegenüber jW.
Der politische Erfolg der Antiprivatisierungskampagne scheint somit greifbar nahe, doch ob damit der Verkauf der städtischen Anteile rückgängig gemacht werden kann, steht auf einem anderen Blatt. Oberbürgermeister Bernhard Ilg (CDU) stellt sich laut Südwestrundschau vom vergangenen Donnerstag auf den Standpunkt, daß der Verkauf der städtischen Anteile rechtswirksam getätigt worden sei. Die Vertragsbindung der Stadtwerke würde auch durch einen Gemeinderatsbeschluß nicht beseitigt werden, so Ilg auf der Gemeinderatssitzung. Die Stadt könne lediglich auf die Stadtwerke einwirken, daß diese in Verhandlungen über eine etwaige Rückabwicklung des Verkaufs mit der GAGFAH treten. Dies würde aber Kosten in noch nicht bezifferbarer Millionenhöhe nach sich ziehen, so Ilg.
Auch Huber sieht die Probleme, die durch die »komplizierte juristische Konstruktion« entstanden seien. Jetzt räche sich die Entscheidung des alten Gemeinderats, die den Stadtwerken gehörende GmbH, die den ehemals kommunalen Wohnungsbesitz verwaltete, in die GBH einzugliedern, an der die Stadtwerke nur Minderheitsanteile halten. Wenn der Bürgerentscheid aber erfolgreich sei, könnten die Verkaufsbefürworter wenigstens kaum so weitermachen wie bisher.
Die erfolgreiche kommunalpolitische Arbeit der DKP in Heidenheim wird von Landesbehörden durchaus zur Kenntnis genommen. So heißt es im Jahresbericht des Landesamtes für Verfassungsschutz Baden-Württemberg: »Die Heidenheimer Ortsgruppe der Deutschen Kommunistischen Partei, die seit der Kommunalwahl am 13. Juni 2004 mit zwei Mandaten statt mit bisher einem im örtlichen Stadtrat vertreten ist, zeigt sich innerhalb der Heidenheimer Politiklandschaft durchaus rührig. (..) Das Engagement der Partei stößt in interessierten Bevölkerungskreisen nicht selten auf Sympathie und zeigt wieder einmal, daß die DKP trotz bundespolitischer Bedeutungslosigkeit auf kommunaler Ebene durchaus in der Lage ist, sich aktiv in das örtliche Tagesgeschehen einzumischen und vor allem, bei einem Teil der Öffentlichkeit den einen oder anderen Pluspunkt zu sammeln.«
Tageszeitung Junge Welt, 31. Januar 2007
http://www.jungewelt.de/2007/01-31/042.php
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. gemeinsam mit den anderen deutschen Gebietskörperschaften einen Privatisierungsbericht über die Auswirkungen der Privatisierungen seit 1995 vorzulegen;
2. bis zur Vorlage und Diskussion des Privatisierungsberichtes keine weiteren Privatisierungsschritte zu unternehmen.
3. Der Privatisierungsbericht der Bundesregierung soll für die privatisierten Bereiche darstellen:
– die Privatisierungsschritte der öffentlichen Hand;
– die Ergebnisse aller Volksabstimmungen einschließlich Bürgerbegehren und Bürgerentscheide, die zu Fragen der Privatisierung durchgeführt wurden;
– die Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen;
– die Auswirkungen auf politische Gestaltungsmöglichkeiten (Einfluss- möglichkeiten auf Geschäftsführung und Informationsrechte der öffentlichen Hand), Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Informationsrechte für Bürgerinnen und Bürger;
– die Entwicklung von sozialversicherungspflichtiger und sonstiger Beschäftigung, Arbeitsentgelten nach Lohngruppen, Managementgehältern und Ausbildungsplätzen;
– die Auswirkungen auf Wochenarbeitszeit, Sonntags- Feiertags- und Nachtarbeit und Schichtarbeit;
– die Entwicklung von Preisen, Gebühren und Gewinnen;
– die Entwicklung von Qualität der Leistung, Verbrauchernähe und flächendeckender Versorgung und
– die Entwicklung der Investitionen.
Dem Bericht ist ein weiterer Privatisierungsbegriff zugrunde zu legen, der neben dem Verkauf von Beteiligungen und sonstigen Vermögenswerten auch die Ausgliederung öffentlichen Vermögens in privatrechtlich organisierte Unternehmungen und die Übertragung öffentlicher Aufgaben an private Unternehmen beinhaltet. Die Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen sollen umfassend untersucht werden. Den Privatisierungserlösen sind die Vermögensverluste und die zukünftigen Mehrausgaben und Einnahmeverluste gegenüberzustellen. Steuerminder- einnahmen durch internationale Transferierbarkeit von Gewinnen oder durch Steuervergünstigungen etwa bei öffentlich-privaten Partnerschaften (Public Private Partnerships) sind zu berücksichtigen. Es soll auch berücksichtigt werden, inwieweit durch Personalabbau Steuereinnahmen und Sozialbeiträge sinken. Bei der Darstellung der Entwicklung von Beschäftigung und Ausbildung ist auf die Situation von Frauen speziell einzugehen. Es ist anzugeben, inwieweit die Verschuldungsgrenze des Artikel 115 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und der entsprechenden Bestimmungen in den Länderverfassungen nur aufgrund von Privatisierungserlösen eingehalten wurden. Die Darstellung der Preisentwicklung in privatisierten Bereichen soll nach Geschäfts- und Privatkundensegment unterscheiden. Hierbei ist zu berücksichtigen, inwieweit die Preisentwicklung auf allgemeinen technischen Fortschritt zurückzuführen ist, der auch in öffentlich-rechtlichen Unternehmen realisiert werden kann. Als Maßstab hierfür sind internationale Vergleichsstudien heran- zuziehen. Auf die Entwicklung von Sozialtarifen ist einzugehen. Der Privatisierungsbericht soll damit deutlich über den Beteiligungsbericht des Bundes hinausgehen.
Begründung
In zahlreichen Bürger- und Volksentscheiden wurden Privatisierungen öffentlichen Eigentums abgelehnt, beispielsweise in Hamburg und in Mülheim/Ruhr. Einer Umfrage im Auftrage des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen- Thüringen zufolge sind 82 Prozent der Hessen gegen einen Verkauf von Sparkassen.
Aktuell geplante Privatisierungen sind sehr umstritten. Gegen den Plan der Regierung Baden-Württembergs, den größten Teil der historischen Handschriftenbestände der Badischen Landesbibliothek zu verkaufen, und damit das Fürstenhaus Baden aus einer finanziellen Notlage zu retten, protestierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt und verhinderten den Verkauf bis auf weiteres.
Das Flugsicherungsgesetz, das den Verkauf von 74,9 Prozent der Anteile an der Deutschen Flugsicherung GmbH vorsieht, wurde vom Bundespräsidenten zunächst nicht unterschrieben, um verfassungsrechtliche Bedenken zu prüfen. Bestärkt wird die Kritik an der Privatisierung der Flugsicherung durch das Urteil des Landgerichts Konstanz zum Flugunglück von Überlingen, in dem die Bundesrepublik Deutschland haftbar gemacht wird, da sie ohne Staatsvertrag die Flugsicherung in deutschem Luftraum der privatrechtlich organisierten Schweizer Firma Skyguide übertragen hatte. Das Gericht stellte fest, dass die Sicherstellung des Flugverkehrs grundgesetzliche Aufgabe des Staates ist.
Umstritten ist auch der Börsengang der Deutsche Bahn AG. Kritiker befürchten einen Verkauf weit unter Wert, Personalabbau, großflächige Streckenstilllegungen, einen Rückgang der Investitionen und stark steigende Preise. Sie verweisen dabei auf die Bilanz der Bahnprivatisierung in Großbritannien.
Die Bundesregierung plant für 2007 laut Haushaltsentwurf Einnahmen aus der Veräußerung von Beteiligungen und aus der Verwertung von sonstigem Kapitalvermögen in Höhe von 9,2 Mrd. Euro. Angesichts umfangreicher geplanter Privatisierungen und ernstzunehmender Kritik ist es dringend erforderlich, eine Bilanz der Auswirkungen der bisherigen Privatisierungspolitik zu ziehen.
Privatisierungserlöse werden dazu verwendet, Einnahmeverluste an anderer Stelle auszugleichen. Laut Finanzplanung will der Bund bis 2009 so haushalten, dass die Verschuldungsgrenze nur dank Privatisierungserlöse eingehalten wird. Dies läuft dem Grundgedanken des Artikel 115 GG zuwider, die Vermögenssubstanz des Staates zu erhalten. Das Sachvermögen des Staates geht, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, seit Jahren kontinuierlich zurück. Privatisierungen führen neben den Vermögensverlusten auch zu nachhaltigen Einnahmeverlusten für die öffentliche Hand. Vor weiteren Privatisierungsschritten müssen diese Auswirkungen dringend detailliert untersucht werden. Auf eine kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. nach den Einnahmeverlusten, die mit den Einmaleinnahmen im Haushaltsplan 2007 verbunden sind, antwortete die Bundesregierung: „Im Übrigen entfallen im Rahmen von Vermögensveräußerungen des Bundes generell künftige Vermögenserträge, deren Höhe – wie etwa bei Dividenden – gegenwärtig jedoch nicht prognostiziert werden kann.“ (Bundestagsdrucksache 16/2327) Dieser Aussage ist zu entnehmen, dass die Bundesregierung eine bewusste Abwägung zwischen der kurzfristigen und langfristigen Haushaltswirkung bisher nicht vorgenommen hat. Der angemessene Umgang mit der Ungewissheit der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung ist nicht der Verzicht auf Prognose, sondern die Anwendung wissenschaftlicher Prognosemethoden unter Kenntlichmachung von Prognoseunsicherheiten. Dies soll im Privatisierungsbericht geschehen.
Die Privatisierungen von Post und Telekom waren mit hohen Arbeitsplatz- und Ausbildungsplatzverlusten verbunden. Allein die Telekom AG hat von ihrer Privatisierung bis 2005 mehr als 100 000 Stellen gestrichen. Bis 2008 sollen weitere 32 000 Stellen abgebaut werden. Vor weiteren Privatisierungen müssen die bisherigen Privatisierungsfolgen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewissenhaft untersucht werden.
Privatisierungsmaßnahmen wurden meist mit erwarteten Effizienzgewinnen begründet. Es stellt sich die Frage, inwieweit für die Verbraucherinnen und Verbraucher, nicht nur für Großkunden, die Versorgung mit günstigen und hoch- wertigen Leistungen durch Privatisierungen zugenommen hat. Versorgungsdichte und Bürgernähe haben etwa bei der Post abgenommen. Sozialtarife wurden bei privatisierten Unternehmen teilweise zurückgenommen. Bei der Feststellung von Effizienzgewinnen darf nicht stillschweigend angenommen werden, ein öffentliches Unternehmen würde heute noch mit der Technologie arbeiten, die zum Zeitpunkt der Privatisierung aktuell war.
Privatisierung und Liberalisierung von so genannten natürlichen Monopolen, also in Wirtschaftszweigen mit sinkenden Durchschnittskosten, und in netzgebundenen Wirtschaftszweigen haben, wie von fast allen Wirtschaftstheorien vorausgesagt, zu Monopolgewinnen geführt. Vor einer Untersuchung dieser Entwicklung darf die geplante Privatisierung von Deutsche Flugsicherung GmbH, Deutsche Bahn AG und Flughafenbeteiligungen keinesfalls umgesetzt werden.
Auf der Ebene der Länder und Kommunen sind Privatisierungen eine Antwort auf Haushaltsnotlagen, die unter wesentlicher Beteiligung der Bundesregierung durch steuerpolitische Entscheidungen verursacht wurden. Da diese Entwicklung nur aus dem finanzpolitischen Zusammenhang zu beurteilen ist, muss der Privatisierungsbericht die Ebene des Bundes, der Länder und Gemeinden berücksichtigen.
Bereits 1998 forderte der Deutsche Gewerkschaftsbund einen Privatisierungsbericht von der Bundesregierung ein. Die Bundesregierung sollte dieser Aufforderung zügig nachkommen.
Das Bürgerbegehren in Mülheim zur Erneuerung des erfolgreichen Bürgerentscheids gegen weitere Privatisierung startet in Kürze. Auf einer gut besuchte Bürgerversammlung wurde besprochen, ob der in 2005 erfolgreiche Bürgerentscheid gegen weitere Privatisierung erneuert werden soll, da die rechtliche Bindung Ende Februar ausläuft. Oberbürgermeisterin, SPD, CDU und FDP waren 2005 gegen diesen Bürgerentscheid. Nach Ablauf der Bindung werden wieder verstärkte Privatisierungen befürchtet.
So ist die Übertragung von Anteilen der Ruhrbania-Projektentwicklungsgesellschaft (RPG) an Private durch den Bürgerentscheid zur Zeit noch eindeutig verboten. Auch der RP Düsseldorf hat das bestätigt! Seit mind. einem Jahr arbeiten Stadtspitze und M&B dennoch mit Volldampf gegen dieses Verbot an der RPG, was der Rat am 1. März absegnen soll, nur 1 Tag nach Ablauf der rechtlichen Bindung des Bürgerentscheids! Der MBI-Antrag, per Ratsbürgerentscheid noch vor Ostern die Bevölkerung erneut über die Grundsatzfrage entscheiden zu lassen, wurde in der letzten Ratsitzung wegen CDU-Beratungsbedarfs vertagt auf den 1.März.Die Versammlung war sich einig, darauf nicht zu warten (bzw. zu hoffen) und möglichst bald eine Unterschriftenaktion zur Wiederholung bzw. Erneuerung des Bürgerentscheids aus 2005 zu starten. Der allergrößte Teil der weit über 60 Anwesenden erklärte sich bereit, sich aktiv daran zu beteiligen. Ein erster Vorentwurf für den Text eines Bürgerbegehrens wurde ebenfalls besprochen und einige Hauptpunkte bereits im wesentlichen abgeklärt.
Dieser erneute Bürgerentscheid betrifft folgende Bereiche bzw. Fragestellungen:
Soll in Zukunft das langfristige Betreiben von Schulen, Kindergärten usw. an private Firmen übertragen werden, wenn diese Bau oder Sanierung der Gebäude durchführen?
Sollen die denkmalgeschützten Ostruhranlagen in einer Ruhrbania-Projektentwicklungsgesellschaft einem privaten Investor übertragen werden?
Ausgegliederte städtische Eigenbetriebe wie der Immobilienservice, MSS (MülheimerSportService), Grün&Wald und städtische GmbHs wie MST (Mülheimer Stadt Marketing), die Sozialholding (Altenheime), BtmH (Betriebe) dürften weder ganz noch teilprivatisiert werden.
Weitere Anteile der bereits teilprivatisierten Gesellschaften der Ver- und Entsorgung, insbesondere von medl, MEG, SEM, MVG, RWW und SWB dürften nicht verkauft werden.
Nächstes Treffen zur Vorbereitung der Unterschriftensammlung für das
Bürgerbegehren „Mülheim ist unser!“
am Mittwoch, dem 31. Januar, um 19 Uhr
in der Gaststätte „Altes Schilderhaus“, Südstraße 2
WAZ Mülheim von 25.? Januar 2007:
Privatisierung: MBI machen erneut mobil
Unterschriften für Bürgerbegehren. Die MBI-Fraktion bereitet einen zweiten Bürgerentscheid gegen die Privatisierung städtischer Leistungen vor.
Der Hintergrund: Bereits am 27. Februar 2005 kam beim damaligen Bürgerentscheid eine Mehrheit gegen Privatisierungen zustande. Dessen Bindungskraft läuft nun nach zwei Jahren – also Ende Februar – aus. Voraussichtlich am 1. März aber will der Rat entscheiden, welchen Investor die Stadt in die Projektentwicklungsgesellschaft, die den Bau der Ruhrpromenade, des Hafenbeckens und den Abriss von Rathaus-Anbau und Stadtbücherei vorfinanzieren soll, beruft.
Wolfgang Sauerland, Leiter des Amtes Rat der Stadt, bestätigt, dass die Benennung des privaten Investors bis 27. Februar nicht möglich sei. Danach aber sehr wohl. Ein neuerliches Bürgerbegehren, so schreibe es die Gemeindeordnung vor, müsse dann innerhalb von drei Monaten nach dem 1. März auf den Weg gebracht worden sein. Sauerland schränkt aber ein: „Ob dann ein Bürgerentscheid gegen die Projektentwicklungsgesellschaft zugelassen werden kann, müssen wir konkret rechtlich prüfen.“
Nach einer Bürgerversammlung am Montagabend, an der rund 60 Mülheimer teilnahmen, zeigt sich MBI-Sprecher Lothar Reinhard entschlossen, erneut Unterschriftenb für ein Bürgerbegehren zu sammeln. Er will damit nicht nur den Verkauf der Ostruhranlagen, sondern auch die Übertragung von Schulen an Unternehmen, die die Gebäude sanieren, die Privatisierung städtischer Betriebe und den Verkauf von Anteilen an städtischen Gesellschaften verhindern.
In Pforzheim hat die Initiative BiB Mitte Mai zum zweiten Mal Unterschriften für ein Bürgerbegehren zur Privatisierung der Städtischen Verkehrsbetriebe übergeben – mit über 10 000 Unterschriften. Das Ziel: den ersten Bürgerentscheid in Baden-Württemberg zur Privatisierung kommunaler Dienstleistungen durchzusetzen!
Freiburg In dieser Woche beginnt die Sammlung von Unterschriften gegen den vom grünen Oberbürgermeister Dieter Salomon angekündigten Verkauf des gesamten Wohnungsbestandes in Freiburg. Zehn Prozent der Wahlberechtigten müssen zustimmen, damit das Plebiszit überhaupt stattfinden kann. Erst glaubten viele an einen Aprilscherz, doch Salomon, der einzige grüne Großstadtbürgermeister, meinte es ernst, als er am 1. des vorigen Monats bekannt gab, den kompletten Bestand von rund 9000 städtischen Wohnungen zu veräußern. Die Freiburger Stadtspitze erwartet sich davon Einnahmen von mindestens einer halben Milliarde Euro, womit sie nicht nur das Haushaltsdefizit, sondern alle Schulden in Höhe von rund 400 Millionen Euro tilgen könnte. Die Verwaltung hat ihren Plan vorige Woche den Fraktionen des Gemeinderates vorgelegt und erklärt, es gäbe keine andere Lösung, um Schulen und andere Einrichtungen sanieren zu können.
Soziale Schieflage befürchtet
Gegen den Wohnungsverkauf haben sich bislang die SPD und die linken „Unabhängigen Listen“ im Gemeinderat ausgesprochen, weil sie soziale Schieflagen und ein noch höher steigendes Mietniveau befürchten, wenn die Stadt alle wohnungspolitischen Instrumente aus der Hand gibt. Die gleich starken Fraktionen von CDU und Grünen, die die Ratsmehrheit bilden, haben sich noch nicht endgültig festgelegt, doch die Parteispitzen signalisierten bereits Unterstützung für Salomons Verkaufskurs.
Sozialverbände, der Mieterbund, die CDU-Sozialausschüsse, Teile der Freien Wähler, Kirchenvertreter, die grüne Jugend und die grüne Bundestagsabgeordnete Kerstin Andreae sind gegen den Komplettverkauf. Der Ortschaftsrat des Stadtteiles Kappel hat einstimmig gegen den Verkauf votiert, und auf der Mai-Kundgebung des DGB in Freiburg musste Salomon beim Grußwort gegen ein mächtiges Pfeifkonzert anreden.
Eine neu gegründete Initiative „Wohnen ist Menschenrecht“ will diese Woche mit der Sammlung von Unterschriften für ein Bürgerbegehren gegen den Verkauf beginnen. Ein solches Plebiszit ist nach der baden-württembergischen Gemeindeordnung möglich, wenn mindestens ein Zehntel der Wahlberechtigten zustimmt – das wären in Freiburg 14 000 Unterschriften. Beim dann folgenden Urnengang müssten mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten teilnehmen, damit das Votum Wirkung erzielt. Eine einfache Mehrheit würde dann genügen, um den Deal platzen zu lassen. Noch keines der bislang drei Bürgerbegehren erreichte in Freiburg sein Ziel, in zwei Fällen ignorierte der Gemeinderat die nicht bindende Abstimmung, weil das Quorum verfehlt wurde.
Die Initiatoren des Bürgerbegehrens sind jedoch optimistisch, die Abstimmung zu gewinnen. „Die Empörung ist gerade jetzt groß“, erklärt SPD-Kreisvorsitzender und Stadtrat Walter Krögner.
Der Gemeinderat soll nach dem Willen der Stadtspitze am 4. Juli über den Wohnungsverkauf befinden. Heinz Siebold, in Frankfurter Rundschau, 10.Mai.2006, Seite 9
07. Februar 2006 Der Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen hat seine Kritik an der Sparkassenreform der Landesregierung mit einer Umfrage untermauert. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hatte 1000 Hessen nach ihrer Meinung zu der Novelle gefragt, nach der es künftig möglich sein soll, daß Sparkassen von ihren Trägern, also den Städten und Kreisen, an andere Sparkassen oder die Landesbank Hessen-Thüringen verkauft werden können. Der Verband lehnt dieses Vorhaben ab. Der Umfrage zufolge würden es 73 Prozent bedauern, wenn es an ihrem Wohnort keine selbständige, kommunale Sparkasse mehr gäbe. Die anderen 27 Prozent gaben an, sie würden es nicht bedauern. Selbst wenn die Sparkassen an die Landesbank verkauft würden, bei der es sich gleichsam um die oberste Sparkasse des Bundeslandes handelt, würden dies 80 Prozent bedauern. Der Sparkassen- und Giroverband hat auch gefragt, was die Hessen davon hielten, wenn die Sparkassen an private Kreditinstitute ginge, obwohl die Landesregierung dies gar nicht zulassen will. Eine Übernahme durch private Banken würden 81 Prozent der Befragten ablehnen. 62 Prozent gaben an, ohnedies seien ihre Erfahrungen mit privatisierten Unternehmen eher schlecht, und 50 Prozent kreuzten an, die Leistungen von ehemals öffentlichen Unternehmen hätten sich nach der Privatisierung verschlechtert. Der Sparkassen- und Giroverband ging nicht weiter auf die Möglichkeit an, das Gesetzesvorhaben mit Bürgerbegehren zu stoppen. Er ließ Forsa allerdings fragen, wie sich die Hessen in einem Bürgerentscheid verhalten würden. 82 Prozent würden gegen einen Verkauf von Sparkassen votieren, lediglich 14 Prozent dafür. Die anderen machten keine Angaben. (Text: mak./F.A.Z.) Quelle: http://www.faz.net/s/Rub8D05117E1AC946F5BB438374CCC294CC/Doc~E1D1998DD964C4FBAA8F8BB0F6F38E017~ATpl~Ecommon~Scontent.html