Offene Landwirtschaft

Ein NABU-Film über die dramatischen Folgen des Anbaus von transgenen Pflanzen in Südamerika. Seit 15 Jahren wird dort gentechnisch verändertes Soja angebaut. Nun kommen die Menschen vor Ort zu Wort und berichten von Krankheiten, Kindersterblichkeit und Naturverlust. Entscheidend für die Kämpfe um Ernährungssouveränität sind nicht nur Fragen des Eigentums an Grund und Boden, sondern zunehmend auch Geistiges Eigentum: Bio-Patente oder Sortenschutz. Gegen die „Akkumulation durch Enteignung“ in der Landwirtschaft hilft die Übertragung der Idee des „Open Access“, des freien Zugangs, auch auf die Informationen, die das Leben definieren: das Saatgut. In Initiativen für offene Saatgutbanken gehen die Bemühungen schon diese Richtung.

Bald Peer2peer-Produktion von Open Source-Bakterien?

US-Forscher wollen die genetische Veränderung von Einzellern so einfach machen wie das Schreiben eines Computerprogramms. Im Labor konnten sie Bakterienkulturen bereits in komplexe biochemische Schaltkreise verwandeln. Genetisch veränderte Mikroben gelten als die Biomaschinen der Zukunft: Mit ihrer Hilfe wollen Forscher Kraftstoffe und Medikamente produzieren oder Schadstoffe aus verseuchten Böden entfernen. Die Veränderung der Gene erfordert bislang aber aufwändige Experimente im Labor. Uni-Biologen und private Firmen wollen dies drastisch vereinfachen und arbeiten an Software, die den Entwurf „genetischer Schaltkreise“ automatisieren soll. Ausgehend von der Frage, wohin das Herumgebastel am Erbgut unter kapitalistischen Bedingungen überhaupt führen soll (und kann), gilt auch hier: Gegen die Verdinglichung! Für die Kritik der Eigentums- und Produktionsverhältnisse. Überlasst die synthetische Biologie nicht der profit-orientierten Andwendungsforschung. Mehr lesen

Mein Freund der Baum, das Gemeineigentum

Die Rohheit, mit der am Schwarzen Donnerstag die Staatsgewalt im Stuttgarter Schlosspark Menschen beiseite schaffte, um die ersten Bäume fällen zu können, war vor allem symbolpolitisch sinnvoll: Gegen die Demonstration der parkschützenden Menge wurde die Demonstration des unbedingten politischen Willens zum Einstieg in das fabelhafte Immobilienprojekt Stuttgart21 gesetzt. Offensichtlich bündeln sich im S21-Konflikt zahlreiche Ohnmachtserfahrungen, es geht um Demokratie. Es scheint aber auch eine andere Frage auf: die nach dem Eigentum. Mehr dazu lesen oder Neues zur Eigentumsfrage?

Landraub in Äthiopien

Per Regierungsbeschluss wird in Äthiopien ein Landstrich von der Größe Belgiens für die Verpachtung an global operierende Landwirtschaftsindustrieunternehmen freigemacht. Die Bewohner werden mit Staatsgewalt vertrieben. Die Nahrungsmittel werden in reiche Staaten exportiert, ein kleiner Teil des Profits geht als Pacht an die nationale Elite.  Mehr lesen (in englischer Sprache: BBC, 16.12.2001)

Lachsfarmen und die Privatisierung des Meeres

Das sogenannte „Chilenische Wunder” basiert auf drei Säulen: dem hohen Kupferpreis, der Zellstoffproduktion, die unter der Diktatur Pinochets profitierte, und der Lachsindustrie, die während der gegenwärtigen Demokratie ausgebaut wurde. Doch Überfischung hat eine schwere Krise im Gesundheits- und Umweltbereich sowie in Wirtschaft, Gesellschaft und der Lachsindustrie selbst hervorgerufen. Mehr lesen

Zur Kritik von Permakultur von links

Das Konzept Permakultur gilt als gleichzeitig praxiserprobt und zukunftsweisend. Mittlerweile nimmt auch die Debatte über eine Gesellschaft jenseits kapitalistischer Verhältnisse, die vielleicht schon hier und heute anfängt („Solidarische Ökonomie“), bezug auf Erfahrungen mit Permakultur. Werden deren Prinzipien gesellschaftlich verallgemeinert („Soziale Permakultur“), so finden sich mittlerweile aber auch sehr kritische Stimmen aus den linken sozialen Bewegungen, vgl.: Kritische Gedanken zu „Earth Charter“, „sozialer Permakultur“ und mehr

Veranstaltungsreihe „Frisch serviert vom Krisenherd: Über Agrarpolitik von Oben und Widerstand von Unten – Viva La Via Campesina!“

Frisch serviert vom KrisenherdLaut FAO gibt es heute über eine Milliarde Hungernde. Im Namen von ´Wachstum und Fortschritt´ werden immer mehr Menschen von ihrem Land vertrieben und ihre Lebensgrundlagen zerstört. Ernährung, Landwirtschaft und Agrarpolitik stehen im Zentrum unzähliger globaler Krisenherde. Betroffen ist vor allem der globale Süden, aber auch im globalen Norden mehren sich die Konflikte. An vielen Orten formiert sich zunehmend Widerstand, werden Alternativen entwickelt und praktiziert. Eine treibende Kraft darin ist das weltweite bäuerliche Netzwerk `La Via Campesina´. Mehr lesen

Wem gehört der Fisch

Fischen jetzt wieder mit Erfolgsaussichten für Küstenbewohner in OstafrikaWem gehört der Fisch? Den Küstenbewohner_innen vielleicht, für die er oft die einzige nennenswerte und zugängliche Eiweißquelle bildet? Oder den Fischerei-Konzernen, die den Fisch dort fangen, wo er am billigsten zu kriegen ist und dort verschachern, wo am meisten dafür gezahlt wird? Die Tatsache, dass diese Frage nicht politisch geklärt wird, sondern die Machtlosigkeit der Küstenbewohner von den internationalen kapitalistischen Fischfangflotten bis zur Ausrottung der lokalen Bestände ausgenutzt wird, war u.a. ein Grund für das Aufkommen der Küstenpiraterie vor Ostafrika. Offensichtlich kein ungeeignetes Mittel: Laut Angaben des Fischereiverbandes der kenianischen Küstenstadt Malindi waren im vergangenen Jahr die Fänge besser als in den Jahren zuvor. Athan Seif, der Vorsitzende des Verbandes, führt dies darauf zurück, dass sich ausländische Fischkutter wegen der Piratengefahr nicht mehr in küstennahe Gewässer wagen. Es ließe sich zuspitzen: Die Bundeswehr ist nur vorgeblich wegen der Terrorgefahr vor der ostafrikanischen Küste, stattdessen geht es vielmehr darum, dort wieder profitable Verhältnisse für die Fischereikonzerne durchzusetzen. Mehr lesen

Wald ist auch ein öffentlicher Raum

Kommunen in Nordrhein-Westfalen planen den Verkauf tausender Hektar Wald in der Eifel, um Haushaltsdefizite zu mindern. Hiergegen wehrt sich die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e.V. und verkündete dies aus Anlass des „Tags des Waldes“. Zu Recht, denn Wälder sind auch öffentliche Räume…

Artikel: „SDW warnt eindringlich vor Ausverkauf des Kommunal- und Staatswaldes“

Buch: Vom Wald zum Privateigentum

Stefan von Below, Stefan Breit: Wald – von der Gottesgabe zum Privateigentum. Gerichtliche Konflikte zwischen Landesherren und Untertanen um den Wald in der frühen Neuzeit, (Quellen und Forschungen zur Agrargeschichte, 43), Stuttgart: Lucius & Lucius 1998, 361 S., ISBN: 3-8282-0079-6, Preis: DM 118.-
Die Studie untersucht zwei Rechtsstreitigkeiten, um wandelnde Vorstellungen vom Eigentumsbegriff am Wald zu verorten.

Read more | ›››

Dossier Privatisierung

Täglich und auf allen Kanälen heißt es, öffentliche Güter und Sozialleistungen können nicht mehr finanziert werden. Die öffentliche Hand sei verschuldet und die staatliche Bereitstellung von Gütern und Dienstleitungen sei nicht effizient [siehe Dossier „Öffentliche Güter“]. Der Prozess der Privatisierung und die Kommodifizierung noch nicht in Warenform gesetzter Sphären setzten sich nicht nur in allen westlichen Industriestaaten mit dem Siegeszug des Neoliberalismus durch. Die Institutionen des sich herausbildenden globalen Kapitalismus – u.a. IWF/Weltbank, WTO aber auch EU – übernahmen zunehmend die Aufgabe, überall auf der Welt den Prozess der Privatisierung voranzutreiben.
Das Dossier „Privatisierung“ bestimmt das Phänomen begrifflich und geht der Frage nach: „Was passiert, wenn öffentliche Güter privatisiert werden?“ Das Dossier liefert also theoretische Grundlagen und den Einstieg in die Empirie der Prozesse, Verwandlungen und Transformationen im Bereich der Öffentlichen Güter. Die Sammlung und Aufarbeitung des empirischen Stoffs finden zum einen im Weblog des Netzwerks p/ög statt. Des Weiteren findet eine Verarbeitung im Dossier Reichtumsverteilung und in den unter Publikationen versammelten Studien.

Das Dossier ist ein „work in progress“ und wird periodisch aktualisiert und mit weiteren und neuen Verweisen versehen.

Was ist Privatisierung

Privatisierung bezeichnet den Prozess, in welchem öffentliche Güter einer anderen gesellschaftlichen Form überführt werden, d.h. in welcher der dominante Zweck der Produktion ein anderer wird – gewinnorientierte Verwertung des vorgeschossenen Geldkapitals. Voraussetzung hierfür ist, dass der Marktmechanismus die Produktion ergreift, d.h. dass Produktion der Konkurrenz um Effizienz ausgesetzt wird [siehe Dossier Öffentliche Güter; Altvater „Was passiert, wenn öffentliche Güter privatisiert werden?“, attac zu Privatisierung, Wikipedia zu Privatisierung].

Die Privatisierung vormals staatlich produzierter Güter kann idealtypisch in zwei Modellen erfolgen. Zu unterscheiden ist die formelle Privatisierung (das Unternehmen bleibt im Eigentum der staatlichen Subentitäten, aber das Produkt oder die Dienstleistung selbst wird nach privatwirtschaftlichen Kriterien erbracht) von der materiellen Privatisierung (das Unternehmen wird ganz oder in Teilen an Private verkauft). In beiden Fällen wandelt sich der Produktionszweck. Bei der Produktion eines öffentlichen Gutes steht die Versorgungssicherheit der Nutzer im Mittelpunkt, d.h. der Gebrauchswert des zu produzierendes Gutes – Gewinnzwecke sind nachrangig oder zumindest gleichrangig, solange nicht die Versorgung gefährdet ist. Bei der privatkapitalistischen Produktion einer Ware ist die Maximierung des Profits der Zweck. Irrelevant ist, ob alle Menschen gleichen Zugang haben.

Damit sind die öffentlichen Unternehmen und öffentliche Güter voneinander zu unterscheiden: Bei letzterem ist der Zweck der Produktion und die Bereitstellung der Güter oder Dienstleitungen zentral. Öffentliche Unternehmen können demgegenüber durchaus gewinnorientiert Waren produzieren. Zentral ist hier allein, dass die öffentliche Hand durch Eigentum, finanzielle Beteiligung, Satzung oder anderen Bestimmungen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf die Tätigkeiten des Unternehmens ausüben kann, d.h. ebenso den Zweck der Produktion zu bestimmen.

Welche Form der Privatisierung auch immer gewählt wird, es lassen sich damit zwei zentrale Momente kapitalistischer Produktion aktivieren: Drastische Senkung der Löhne und Produktivkraftsteigerung. Da es sich allerdings meist um Dienstleistungen handelt, ist der Produktivkraftsteigerung schon früh eine Grenze gesetzt, weshalb die Löhne verstärkt ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken. Nicht nur erspart sich der Staat ein Heer an BeamtInnen, über den Arbeitsplatzabbau und die verstärkte Konkurrenz sinken auch die Löhne. Neben den Löhnen kommt der Preisgestaltung wieder eine zentrale Rolle zu – so bei der Deutschen Bahn, bei der ein unklares und überteuertes Tarifsystem systematisch Mobilität für die subalternen Klassen verhindert.

Die Privatisierung hat für das Kapital jedoch nicht nur positive Folgen. Neben marktförmiger Preisentwicklung (z.B. bei Energie und Öl), die Kalkulationen erschwert und damit Investitionen hemmen kann, gibt es doch des Öfteren auch Qualitätsverluste zu beklagen (z.B. in der Infrastruktur sowie der Bildung). Auch können „externe“ Effekte durch die kapitalistische Verwertungsdynamik entstehen, die zwar durch die Privatproduktion entstehen, aber deren Kosten sozialisiert werden (z.B. Naturzerstörung) (Krätke 2001).

Diese Momente zerstören mitunter die allgemeinen Produktions- bzw. Verwertungsbedingungen des Kapitals, weshalb das Verhältnis zwischen öffentlichen Gütern und Privatisierung ein nie abgeschlossener Kampf darstellt, der wesentlich auf dem Terrain des Staates um das gesellschaftliche „Allgemeinwohl“ geführt wird.

Privatisierung begreifen

Für den Prozess der Privatisierung werden diverse Begriffe verwendet. Diese haben jedoch variable Reichweite und heben bei Privatisierung jeweils unterschiedliche Aspekte hervor. Diese widersprechen sich nicht unbedingt, blenden aber bestimmte Aspekte aus und formieren so den Erkenntnisprozess, der auch die Grundlage für die Bewertungen von Gegenstrategien darstellt. Im Folgenden sollen einige zentrale Begriffe, die zur theoretischen Bestimmung der Privatisierung Verwendung finden, vorgestellt werden:

a) Zur-Ware-werden. Der Begriff findet sich bereits in Karl Marx und beschreibt, dass produzierte Güter nicht mehr unmittelbar für den Gebrauch, sondern für den Austausch produziert oder durch Überproduktion dazu werden. Für diesen Prozess hat sich inzwischen der Begriff der Kommodifizierung durchgesetzt [commodity: engl.: Ware].

b) Monetarisierung. Mit dem zur-Ware-werden von produzierten Produkten geht immer auch die Monetarisierung einher: Ware tauscht sich gegen Geld. Wird das Geld der bestimmende Zweck, so kann man von Kommerzialisierung sprechen, die zugleich eine „Verbetriebswirtschaftlichung“ mit sich bringt, da ein effizienter und sparsamer Einsatz und Umgang mit Ressourcen zu einer zentralen Grundlage wird.

c) Inwertsetzung. Eine weitere Stufe erreicht der Prozess der Privatisierung, wenn bestimmte Bereiche der Gesellschaft in Wert gesetzt werden, d.h. die Produktion nicht nur den Zweck oder das Resultat hat, Waren zu produzieren, sondern dass die Produktion in Form kapitalistischer Verwertung von statten geht. Dies hat notwendigerweise das zur-Ware-werden zur Voraussetzung, die jedoch nicht ausreicht. Für die profitable Produktion kommt das Kapitalverhältnis hinzu, d.h. dass Lohnarbeiter für den Zweck der Produktion eingestellt werden, dass sich das vorgeschossene Geldkapital verwertet.

d) Enteignung/Dispossession. Der Begriff der Enteignung wird in der letzten Zeit im Anschluss an die Thesen von David Harvey häufig für den Prozess der Privatisierung verwendet. Er schließt zum einen an das 24. Kapitel in Marx‘ Kapital an, als auch an dessen Rezeption durch Rosa Luxemburg. Marx argumentiert im Kapitel über die so genannte ursprüngliche Akkumulation, dass die Trennung der unmittelbaren Produzenten von ihren Produktionsmitteln und damit Mittellosigkeit und Reichtum auf der einen Seite in einem historischen Prozess durchgesetzt wurde. Dabei geht es ihm weniger darum, dass sich Reichtum und Armut konzentrieren, sondern dass den unmittelbaren Produzenten die Möglichkeiten für die Sicherung der eigenen Existenz geraubt werden und ihnen nurmehr die Möglichkeit bleibt, Ihre Arbeitskraft zur Ware zu machen. Eine historische Voraussetzung für die kapitalistische Ausbeutung. Der zentrale Punkt für Marx ist, dass bei der historischen Durchsetzung der Voraussetzung kapitalistischer Ökonomie nicht der „stumme Zwang der ökonomischen Verhältnisse“ waltet, sondern durchaus „außerökonomische, unmittelbare Gewalt“ – das Kapitalverhältnis entsteht „von Kopf bis Zeh, aus allen Poren, blut- und schmutztriefend“. Was für Marx ein notweniger historischer Ausflug in der Argumentation ist, erklärt Rosa Luxemburg zu einem bleibenden und konstitutiven Prinzip des Kapitalismus. Luxemburg geht davon aus, dass der Kapitalismus nur existieren könne, wenn nicht-kapitalistische „Milieus“ durch außerökonomische und unmittelbare Gewalt angeeignet werden würden. Diese Form der Aneignung wird im Ansatz der Enteignungsökonomie zu einem Prinzip des gegenwärtigen Kapitalismus verallgemeinert. Zu den zentralen Formen der Enteignung gehört nach David Harvey die Privatisierung.

e) Communitarisierung. Communitarisierung bezeichnet eine spezifische Form der Privatisierung, bei der die Eigentümerschaft von der öffentlichen Hand in eine gemeinsame Eigentümerschaft, z.B. in Form von Genossenschaften übergeht. Dieses Privateigentum kann durch die Zweckbestimmung der neuen EigentümerInnen, z.B. die Satzung der Genossenschaft, erhalten, obwohl der Träger gewechselt hat.

f) Simulierte Konkurrenz. Im Rahmen der Betriebs- und Verwaltungsorganisation wird inzwischen Konkurrenz simuliert bzw. betriebswirtschaftliche Effizienzkriterien eingeführt (new public management). Während innerhalb der privatwirtschaftlichen Produktion zwar Arbeitsteilung, aber keine Konkurrenz herrschte, da die zerlegten, aber geplanten Arbeitsschritte erst das gewünschte Ergebnis brachten und daher gezielt ineinander greifen mussten, werden nach neuen Managementmethoden Produktionseinheiten, die gleiche Arbeitsschritte vollziehen, gegeneinander ausgespielt oder durch gesetzte Zielvorgaben in eine simulierte Konkurrenz gesetzt. Ähnliches gilt für die öffentliche Verwaltung, die zwar nicht privatisiert wird, aber Mechanismen unterworfen wird, die in der Privatwirtschaft herrschen. Damit verändert sich zwar immer noch nicht der Zweck der Produktion, aber das Mittel zu Bereitstellung von öffentlichen Gütern und Dienstleitungen verändert sich derart radikal, dass der Zweck durchaus untergraben wird.

Privatisierung als zentrales Element neoliberaler Politik

Eines der zentralen Ziele neoliberaler Politik ist Privatisierung. Das liegt vor allem daran, dass der Markt als die angeblich zentrale und effizienteste Instanz durchgesetzt wurde. In der Neoklassik gilt jeder Eingriff in den Markt als Störfaktor. Verschiedene Diskursstränge kumulierten ab den 1970er Jahren in Debatten über Deregulierung, die in vielen Ländern in „unabhängigen“ Kommissionen zu Telekommunikation, öffentlicher Nah- und Fernverkehr, Energieversorgung etc. führte. Damit gelang es, Stichwortgeber und wissenschaftliche Stützpunkte für neoliberale Politik zu etablieren. Dem Neoliberalismus gelang aber nicht einfach durch die Etablierung der Neoklassik der Siegeszug. Bestimmte Diskurse oder Diskursstränge existieren bereits, bevor sie sich hegemonial durchsetzten. Warum sich ein Diskurs jedoch durchsetzt, ist nicht aus dem Diskurs selbst zu erklären. Vielmehr die Ursache des Bruchs in der umfassenden Krise der ganzen Gesellschaftsformation, die als Fordismus bezeichnet wird.

In der Krise des Fordismus kumulierten mehrere Momente: Mit dem Ende des Währungssystems von Bretton Woods veränderten sich die Bedingungen der nationalen Geldpolitik. Währungen konnten als Ware gehandelt werden. Die Zentralbanken müssen seitdem stärker auf den Außenwert achten. Zeitgleich drängte das Geldkapital angesichts der hohen Inflationsraten auf Preisstabilität. Die starke Organisations- und Produktionsmacht der ArbeiterInnen und die ausgereizten Produktivitätsreserven im Rahmen des tayloristisch-fordistischen Produktionsmodells führten zu einem Druck auf die Profitrate. Damit war eine für den Kapitalismus relativ lange Phase eines stabilen Kompromissgleichgewichts zu Ende. Neben der Reorganisation der Produktion, dem Druck auf die Löhne und der Investition in Finanztitel war und ist die Privatisierung einer ganzen Palette öffentlicher Güter eine der zentralen Strategien, um dem nach Anlagemöglichkeiten suchenden Kapital neue und lukrative Optionen zu eröffnen.

Daneben haben auch politische Institutionen die Privatisierung vorangetrieben. So drängte die EU im Zuge der Herstellung des Binnenmarktes bereits in den 1980er Jahren auf Privatisierungen. Aber auch das GATS-Abkommen von 1995, das vor allem die Liberalisierung des Dienstleistungsbereich zum Ziel hat, drängt auf eine Privatisierung der öffentlichen Versorgung. Damit werden bestimmte Produktionen unter das Kapitalverhältnis subsumiert und in den Verwertungszusammenhang eingesogen.

Folgen von Privatisierung

Privatisierung ist kein linearer Vorgang von „öffentlichem“ in „privates“ Eigentum, sondern ein umkämpfter und widersprüchlicher Prozess. Der Artikel von Dieter Plehwe Europäische Universaldienstleistungen zwischen Markt und Gemeinwohl [in: Gunnar Folke Schuppert; Friedhelm Neidhardt (Hg.): Gemeinwohl – Auf der Suche nach Substanz. WZB-Jahrbuch 2002, Berlin: sigma, S. 389-420] zeigt, wie aus einem staatlich bereitgestellten „öffentlichen Gut“ eine teils privat, teils öffentlich bereitgestellte „minimierte“ Leistung im Sinne einer Grundversorgung wird, kombiniert mit darüber hinaus gehenden frei auf dem Markt gehandelten Dienstleistungen, und diskutiert dies konkret am Beispiel des „Universaldienstes“ der Post.

Der Übergang vom „produzierenden“ zum „Gewährleistungs- und Regulierungsstaat“ ist verbunden mit einem veränderten Verhältnis von Staat und Ökonomie. Der Restrukturierungsprozess ist gekennzeichnet vom Ringen unterschiedlichster Kräfte, v.a. transnationalen Konzernen, institutionellen Akteuren der EU, den verschiedenen nationalen Instanzen, Think Tanks, Gewerkschaften und nicht zuletzt den Postunternehmen selbst. Es zeigt sich, dass neoliberale Liberalisierungsvorstellungen auf politische und ökonomische Hürden treffen. Gerade das Beispiel USA führt vor, dass ein staatlich organisierter Dienst keineswegs weniger effizient arbeitet, als ein marktförmig organisierter.

Open…

„Offen“ ist (zusammen mit „Access“) ein Schlüsselbegriff für Alternativen des Umgehens mit dem Problem des geistigen Eigentums geworden. Es geht um offene Räume. Ausgehend von der Debatte um die Offenlegung der Software-Codes (s. Richard Stallmann: Why Software should not have owners oder Doug Palmer: Why Not Use the GPL? Thoughts on Free and Open-Source Software) erweiterte sich die Sicht rasch (z.B. opencode.org). Es geht um Zugangssicherung (z.B. Open Law for Open Access Project oder openNET Coalition), um die Zugänglichkeit von Inhalten (z.B. OpenContent oder Open Archive, das openidea-project gut zur Einführung: Volker Grassmuck: Offene Quellen und öffentliches Wissen (Moskau 2000)), um Public Domain Informationen (z.B. UNESCO CII oder die nützliche virtuelle Allgemeinbibliothek) Projekte wie Pub Med Central oder einer Public Library of Science, zum letzteren Beiträge von Michael Eisen and Pat Brown: Should the scientific literature be privately owned and controlled? (Nature) und von Mary M. Case: Public access to scientific information. Are 22.700 scientists wrong? (Juni 2001).

Volker Grassmuck gibt in seinem Buch Freie Software zwischen Privat- und Gemeineigentum (Bonn 2002, Bundeszentrale für politische Bildung) eine gute Einführung zu diesem Thema.
Das Projekt open theory versucht Prinzipien freier Softwareentwicklung auf die Diskussion von Theorie zu übertragen. Versuche der Reflektion von Eigentumsfragen ziehen sich hier durch verschiedene Diskussionstränge.

Weiterführendes Material

  • Görg, Christoph (2004): Enteignung oder Inwertsetzung? Zur Aktualität der »ursprünglichen Akkumulation«, in: Das Argument 257, 46.Jg., 721-731.
  • Harvey, David (2003): Der neue Imperialismus., Hamburg, 2005
  • Krätke, Michael R. (2001): Die Kosten des Sparzwangs, in: Loccumer Initiative kritischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (Hg.): Kritische Interventionen. Flugschrift Kritischer Wissenschaft, Bd.5, Rot-Grün – noch ein Projekt? Versuch einer ersten Bilanz, Hannover, 23-69.
  • Nuss, Sabine/ Stützle, Ingo (2006): Was ist und welchen Zweck hat Privatisierung? Anmerkungen zu einer linken Politik öffentlicher Güter, in: ak – Zeitung für linke Debatte und Praxis, Nr. 507 v. 16.6.2006, 13
  • Zeller, Christian (2004): Die globale Enteignungsökonomie, Münster