Gericht gibt gruenes Licht fuer Stadtwerke-Verkauf in Duesseldorf

dpa-Meldung vom 15.12.2005
Düsseldorf – Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht hat am Mittwochabend grünes Licht für eine Privatisierung der Düsseldorfer Stadtwerke gegeben. Der Stadtrat dürfe an diesem Donnerstag über den weiteren Verkauf von Stadtwerke-Anteilen entscheiden, sagte ein Gerichtssprecher. Das laufende Bürgerbegehren stehe dem nicht entgegen. Die SPD und ein Ratsmitglied hatten zusätzlichen Informationsbedarf geltend gemacht. Nach Ansicht des Gerichts war dieser Bedarf aber nicht ausreichend juristisch untermauert worden. Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) will weitere 25 Prozent der Stadtwerke für 361 Millionen Euro an den Energieversorger EnBW verkaufen. Derzeit hält die Stadt noch 50,1 Prozent der Anteile. Der Energieversorger EnBW besitzt bereits 29,9 Prozent der Anteile. Vor vier Jahren hatte ein Bürgerbegehren den Verkauf der Anteilsmehrheit verhindert. Nach Angaben der Initiative „Mehr Demokratie“ haben sich in den vergangenen Tagen erneut 100 000 Düsseldorfer gegen eine Privatisierung ausgesprochen. Am Mittwoch signalisierten die Stadtwerke Krefeld großes Interesse am Kauf des Anteilspakets. „Der Kaufpreis würde sich rechnen“, sagte Vorstandssprecher Martin Cirener und stellte den Düsseldorfern sichere Arbeitsplätze und niedrige Energiepreise in Aussicht.

Privatisierung des Bethanien gestoppt

Erster Erfolg für das Bürgerbegehren gegen den Verkauf des Bethanien: Das Kreuzberger Kunsthaus geht vorerst nicht an den Liegenschaftsfonds. Gemeinsam mit Anwohnern und Nutzern will der Bezirk ein neues Konzept für das Haus erarbeiten
Einen ersten großen Erfolg konnte das Bürgerbegehren gegen die Privatisierung des Bethanien am Mittwochabend feiern: Mit der Dreiviertelmehrheit von Linkspartei.PDS, SPD und Grünen beschloss die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg, die „geplante Abgabe des Hauptgebäudes Bethanien an den Liegenschaftsfonds mindestens bis zum Abschluss des Bürgerbegehrens auszusetzen“. Zudem soll in einem moderierten Prozess gemeinsam mit den Anwohnern, der Initiative Zukunft Bethanien (IZB) und „weiteren lokalen Akteuren“ ein neues Nutzungskonzept für das Bethanien als „Haus für Kunst, Kultur, soziokulturelle Angebote und kulturnahe Dienstleistungen“ erarbeitet werden. Ein Antrag der CDU auf sofortige Räumung der als „New Yorck 59“ besetzten Etagen des Südflügels lehnten die Abgeordneten als „unrealistisch“ ab.
„Wir freuen uns, dass die BVV nun auch da angekommen ist, wo wir vor sechs Monaten unser Bürgerbegehren begonnen haben“, kommentierte Simone Kypke von der IZB die Entscheidung. De facto ist damit der von allen Parteien der BVV getragene Beschluss, das Bethanien zu einem „Internationalen kulturellen Gründerzentrum“ zu entwickeln und an einen privaten Investor zu verkaufen, vom Tisch. Dieser, die M & R Arend GmbH aus Bad Homburg, die Kulturevents veranstaltet wie zum Beispiel das Musical „Cats“ in Bremen, droht gegenüber Wirtschaftsstadtrat Lorenz Postler (SPD) bereits mit Schadensersatzforderungen.
Auch wenn stellenweise die Formulierungen des BVV-Antrags fast wörtlich der Begründung des Bürgerbegehrens entnommen sind, ist dieses noch nicht überflüssig. Denn in ihrer Unfähigkeit zuzugeben, vor drei Jahren eventuell eine falsche Entscheidung getroffen zu haben, ließen die Abgeordneten vieles im Vagen. So verkaufte man den neuen Beschluss als „Änderungsantrag“ zur alten Entscheidung.
Für Aufregung sorgte während der fast vierstündigen Sitzung zum Thema Bethanien zudem ein Auftritt von Christoph Tannert, des Geschäftsführers der im Haus ansässigen Künstlerhaus Bethanien GmbH. Neben seinen Vorstellungen von „professioneller Kultur“ sprach er vom „parasitären Selbstverwirklichungsprogramm der Hausbesetzer“. Für seine Rede erhielt er nicht nur von der CDU, sondern auch von etwa zwei Dritteln der Abgeordneten der Linkspartei.PDS Beifall. Im Juni hatten ehemalige Bewohner des linken Hausprojekts in der Yorckstraße 59 Teile des Bethanien besetzt.
Dagegen rangen sowohl SPD als auch Grüne spitzfindig um Formulierungen, in denen die „New Yorck 59“ noch eingebunden ist. Sind mit „gegenwärtigen legalen Nutzern“ oder „weiteren lokalen Akteuren“ auch die Besetzer gemeint? Hintergrund für die Formulierungskünste: Am kommenden Montag beginnen die Verhandlungen um einen Nutzungsvertrag für den besetzten Südflügel zwischen IZB und Bezirksamt.
Bedeckt hielten sich alle Parteien auch mit neuen Vorschlägen zur Bewirtschaftung des Bethanien. Vielleicht hat Bezirksbürgermeisterin Cornelia Reinauer (Linkspartei.PDS) bis zum 29. November „einen Ausweg“ gefunden. An diesem Abend trifft sich um 19 Uhr ein erster öffentlicher runder Tisch zur Zukunft des Bethanien mit den verschiedenen Nutzern des Hauses, Vertretern der IZB sowie des Bezirksamts in der St.-Thomas-Kirche auf dem Mariannenplatz.

Von Christoph Villinger

Quelle: taz Berlin lokal vom 25.11.2005, Seite 24

Bethanien: PDS holt sich Tips bei der Polizei fuer die Raeumung

Die Polizei sieht nach vier Monaten Besetzung eines Seitenflügel des Bethanien und zwei Tage nach Ablauf der Duldung durch das Bezirksamt Berlin-Kreuzberg „keine Gefahr im Verzug“. Deshalb gebe es keine juristische Handhabe für eine sofortige Räumung. Belämmert sieht auch die Bezirksbürgermeisterin Cornelia Reinauer (Linkspartei.PDS) ein, dass es doch nicht mit der von ihr angekündigten Räumung klappt. Jetzt bettelt sie bei der Polizei um „Tips“ für rechtliche Winkelzüge, mit denen sie die Immobilie doch noch geräumt kriegt.
Ihr Ziel ist es, zu verhindern, dass im linken Szene-Bezirk ein Zentrum für politische Initiativen entsteht, die auch mal von links kritisch mit der PDS.Linkspartei umgehen könnten. Dafür will sie den Konflikt um das Soziale Zentrum im Bethanien deckeln, indem sie die Privatisierung der Immobilie vorantreibt. Derzeit sieht es so aus, als ob sie den Ärger loswerden will, indem sie das Bethanien den Privatisierungs-Bürokraten vom Liegenschaftsfonds vermacht, weil es gar keine interessierten Investoren gibt.
Jenseits des Konflikts um das Bethanien ist diese Affäre politisch interessant, weil sie zeigt, dass nicht mal im kommunalen Bereich die PDS.Linkspartei als Unterstützerin für selbstorganisierte soziale bzw. linke Initiativen taugt. Im Gegenteil: Alle schönen Worte enttarnen sich als Heuchelei. Hoffnungen, die z.B. in offenen Briefen vor der Bundestagswahl geäussert wurden, werden hier beim ersten Praxistest derbe enttäuscht. Statt die in einem Bürgerbegehren gegen die Privatisierung engagierten BürgerInnen zu unterstützen, gibt sich die PDS-Bezirksbürgermeisterin alle Mühe, noch mehr Fakten gegen ein selbstorganisiertes soziales Zentrum im Bethanien zu schaffen, indem sie Privatisierung sogar noch aktiv vorantreibt.
vgl. auch Morgenpost vom 3.11.05:
Polizei hat Bedenken gegen Räumung des Hauses Bethanien
Bezirk prüft Rechtsgrundlage – Besetzer demonstrieren
Von Sabine Gundlach
Der Beschluß des Friedrichshain-Kreuzberger Bezirksamtes, den besetzten Seitenflügel im Künstlerhaus Bethanien „zeitnah zu räumen“, scheint entgegen bisherigen Äußerungen offenbar nicht sofort realisierbar.
Wie ein Sprecher der Berliner Polizei gestern auf Anfrage mitteilte, sei nach der bislang viermonatigen Duldung der Belagerung des Ortes derzeit keine Situation von Gefahr im Verzug erkennbar. Der Bezirk müsse als Eigentümer des Gebäudes jetzt erst einmal juristisch stichhaltige Gründe für eine Räumung darlegen. Vorher könne die Polizei nicht eingreifen. Wie Bürgermeisterin Cornelia Reinauer (Linkspartei.PDS) gestern bestätigte, „ist die Räumung offensichtlich doch nicht so einfach, wie wir zunächst dachten“. Reinauer, die bislang immer betont hatte, daß nach Ablauf der Duldung am 31. Oktober aufgrund dann bestehenden Hausfriedensbruchs eine sofortige Räumung möglich sei, mußte gestern einräumen, „daß bisherige Bewertungen über die Voraussetzung für die Räumung offenbar juristisch nicht haltbar sind“. Auf die Frage, warum man dies vorher nicht überprüft habe, antwortete die Bürgermeisterin nur, „es gab unterschiedliche Bewertungen“.
Frau Reinauer betonte jedoch, „daß wir vorbehaltlich der juristischen Klärung bei unserer Entscheidung bleiben. Wir werden den rechtswidrigen Zustand beenden und das Bethanien zeitnah räumen.“ Wann genau die Räumung terminiert sei, könne sie derzeit noch nicht sagen. Doch die Polizei habe dem Bezirk jetzt Tips gegeben „was wir für eine rechtmäßige Räumung machen müssen“. Details wollte Frau Reinauer nicht nennen.
Unterdessen protestierten die Besetzer und die Initiative des Bürgerbegehrens Zukunft Bethanien (IZB) gestern erneut gegen die geplante Räumung. „Frau Reinauer hat kein Interesse an einer Lösung und übergibt die Verantwortung jetzt einfach an die Polizei“, sagte eine Sprecherin der Besetzer und warf der Bürgermeisterin „Lippenbekenntnisse“ vor. Reinauer habe den ehemaligen Bewohnern des alternativen Wohnprojektes an der Yorckstraße immer Unterstützung zugesagt. Es sei ein trauriges Novum, daß eine linke Partei wie die Linkspartei.PDS ein linkes Projekt räume. „Ohne die Yorck-Gruppe im Bethanien hätte es die Initiative für das Bürgerbegehren nicht gegeben“, sagte Stephanie Tkocz.
Auch Christian Ströbele, gewählter Bundestagsabgeordneter der Grünen im Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg, äußerte gestern sein Unverständnis darüber „daß das Bezirksamt jetzt so die Daumenschraube anzieht“. Er sehe keinen Grund für eine Räumung, zumal man doch derzeit mit dem Bürgerbegehren auf einem guten Weg für das Bethanien sei. „Welchen Sinn macht es, die Leute jetzt in der Kälte auf die Straße zu setzen und dann über einen leerstehenden beheizten Seitenflügel im Bethanien zu verfügen“, sagte Ströbele. Der Bundestagsabgeordnete ist heute abend Teilnehmer einer Podiumsdiskussion, zu der die Initiative Zukunft Bethanien um 19 Uhr im Hauptgebäude des Künstlerhauses am Mariannenplatz einlädt.
Gestern abend haben rund 350 Besetzer und Vertreter des Bürgerbegehrens sowie Unterstützer am Kottbusser Tor in Kreuzberg demonstriert – unter dem Motto: „Wir bleiben“. Die Kundgebung sei friedlich verlaufen, sagt Polizeisprecher Carsten Müller.

Buergerbegehren fuer das Bethanien

Erstmals in Berlin: 5000 Unterschriften sollen Privatisierung verhindern und Hausbesetzern aus der Yorckstraße Wohnraum bieten

Das Künstlerhaus Bethanien soll in öffentlicher Hand bleiben – und möglichst den nur noch bis Ende Oktober offiziell geduldeten Besetzern eine dauerhafte Bleibe bieten. Das ist das Ziel von Berlins erstem Bürgerbegehren, das die Initiative Zukunft Bethanien gestern mit der Übergabe ihrer Fragestellungen an das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg gestartet hat. Das Rechtsamt muß nun innerhalb eines Monats über die Zulässigkeit des Begehrens entscheiden. Zudem muß der Bezirk die durch die geplante Nutzung des Künstlerhauses anfallenden Kosten schätzen. Erst dann kann die Initiative mit der Sammlung der erforderlichen Unterschriften von Unterstützern ihres Anliegens beginnen. Mindestens 5000 wahlberechtigte Bürgerinnen und Bürger müssen innerhalb eines halben Jahres der Grundidee eines „offenen, kulturellen, künstlerischen, politischen und sozialem Zentrum“ zustimmen, die Vertreter der Initiative gestern in groben Zügen im Künstlerhaus vorstellten.
„Wir sind davon überzeugt, daß die Lösung für das lange Zeit konzeptionslose Künstlerhaus Bethanien nicht darin liegen kann, es an den Nächstbesten zu verscherbeln“, sagte Simone Kypke von der Initiative im Hinblick auf die Planungen des Bezirks, das Künstlerhaus durch Verkauf an den Investor Michael Arend zu privatisieren. Statt dessen strebt die Initiative an, das Objekt als gemeinnützige Körperschaft in freier Trägerschaft unter Einbeziehung derzeitiger und künftiger Nutzer sowie Anwohner zu führen. Wie das konkret aussehen soll, könne man derzeit noch nicht sagen. „Wir wollen ja gerade nicht den Nutzern ein Konzept von oben herab überstülpen, sondern mit allen gemeinsam entwickeln“, so Frau Kypke. Wie ihr Mitstreiter Wolfgang Lenk erläuterte, denke man neben einem vom Bezirksamt eingerichteten „Bürgerforum“ als Ort lokaler Demokratie auch an Räume für politische Initiativen, Kultur- und Bildungsarbeit sowie soziale Treffpunkte.
Die Frage, ob die Ablehnung der Privatisierung des Hauses durch die private Nutzung der derzeitigen Besetzer nicht ad absurdum geführt werde, verneinten die Podiumsteilnehmer vehement. Sie betonten vielmehr, daß es jetzt durch die Initiative des Bürgerbegehrens keinen Grund mehr gebe, an der angekündigten Räumung festzuhalten.
Wie berichtet läuft die Duldungsfrist der Besetzer am 31. Oktober aus. Bürgermeisterin Cornelia Reinauer (Linkspartei.PDS) bekräftigte unterdessen gestern ihre Forderung: „Die Besetzer müssen das Haus zum Ablauf der Frist verlassen, sonst räumen wir.“
Von Sabine Gundlach
Quelle: http://morgenpost.berlin1.de/content/2005/10/20/bezirke/786771.html

Berlin: Bethanien-Privatisierung

Das zuständige Bezirksamt (SPD/PDS) hat beschlossen, das Bethanien-Hauptgebäude zu verkaufen. Der Investor Michael Arend will ein „Internationales Kulturelles Gründerzentrum“ aufmachen. Für einige sozio-kulturelle Projekte, die noch im Haus sind, bedeutet der Einzug der Hochkultur hingegen das Aus. Teile des Hauses sind noch besetzt (siehe http://www.yorck59.net) und ein Bürgerbegehren organisiert den Widerstand von unten gegen die Privatisierungspläne. Mehr >>> http://www.bethanien.info