Geschichte und Gegenwart von Alternativschulen (Rezension)

Diese, von Maurice Schuhmann verfasste Rezension erschien zuerst in Ausgabe 349 (Oktober) von CONTRASTE, der Monatszeitung für Selbstorganisation. Diese laufende Ausgabe hat u.a. einen vierseitigen Schwerpunkt zum Thema „Demenz, Pflege und Autonomie“. Schumann schreibt:

„Die Literaturlage über freie Schulen ist recht überschaubar. Die Literatur über Geschichte(n) und Gegenwart freier Alternativschulen beschränkt sich weitgehend auf Einzelstudien über einzelne Projekte oder spezifische Theoretiker, während eine Gesamtdarstellung dieses Themenkomplexes noch fehlt. Matthias Hofmann, der selber Lehrer an einer freien Alternativschule und Mitglied des Vorstands der Bundesvereinigung Freier Alternativschulen ist, hat mit seiner Einführung einen Versuch gestartet, diese Lücke zu füllen. Auf ca. 150 Seiten liefert er eine thematisch auf fünf Aspekte fokussierte Einführung: Ausgehend von den Vordenkern der modernen Alternativpädagogik, Beispielen von reformpädagogischen Ansätzen (jeweils separat) in Form von fünf Kapiteln, die sich in Ansätze in Deutschland, Rest von Europa und im angelsächsischen Raum bis zu den aktuellen Ansätzen seit 1968 unterteilen. Diese Einführung ist nun beim Verlag Klemm & Oelschläger erschienen, d.h. einem u.a. auf Literatur zu Alternativpädagogik spezialisierten Verlag.

Die gängigen Ansätze der Alternativschulpädagogik werden von Hofmann weitgehend abgedeckt. Dem geringen Umfang verschuldet ist der Platz für die einzelnen Kapitel begrenzt und die Darstellung fällt teilweise etwas oberflächlich aus. Sein Blick auf die einzelnen Aspekte ist der eines Praktikers, was die Stärke als auch gleichzeitig seine Schwäche ausmacht. Als Stärke erweist sich, dass er einzelne Aspekte, wie die praktische Umsetzung ihrer theoretischen Ansprüche fokussiert, die in den meisten Werken von eher theoretisch orientierten Forschern ignoriert werden. Gleichzeitig fehlt ihm aber auch zum Teil das adäquate Wissen zu den einzelnen Vertretern und Projekten.

Der von ihm gewählte Ansatz, auch kritische Aspekte von Alternativschulen zu thematisieren, ist notwendig und mutig. Zeitweilig verläuft er sich allerdings bei seinen Diskursen. So erscheint mir eine Auseinandersetzung mit der Rassentheorie Rudolf Steiners irrelevant. Solche Aspekte tangieren sein Erziehungskonzept nur nachrangig. Relevanter ist schon die von ihm aufgeworfene Frage nach dem pädagogischen Eros, die leider theoretische Schwachstellen aufweist.

Seine besondere Stärke liegt in seiner analytischen Darstellung der aktuellen pädagogischen Ansätze im letzten Kapitel. Dieses Kapitel basiert weitgehend auf Interviews mit LehrerInnen von Alternativschulen. Dabei gräbt er auch ein bislang kaum bekanntes Kapitel – die Alternativpädagogik in der DDR – aus.

Trotz kleinerer Schwächen bietet dieses Buch sicherlich einen guten, ersten Einstieg in den Themenkreis „Alternativschulen“. Die wichtigsten Ansätze werden thematisiert und Hofmann liegt es auch fern, eine unkritische Lobhudelei auf Alternativschulen abzugeben.“

Maurice Schuhmann

Matthias Hofmann: Geschichte und Gegenwart Freier Alternativschulen. Eine Einführung, Verlag Klemm & Oelschläger 2013, ISBN 978-3-86281-057-4, 160 S., 14,80 Euro.

 

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