Banken- und Finanzmarktkrise. Betrifft uns das?

20505.jpgBankenkrise. US-Staat bündelt 700 Mrd. Hilfspaket. Größtes aller Zeiten. Alles supperdramatisch. Aber bei aller Dramatik: Überall nur widersprüchliche Ansagen: Das Bankensystem als solches sei nicht bedroht. Die Spareinlagen seien sicher. Die Folgen der großen Zusammenbrüche in den USA für Europa/Deutschland/das Weltfinanzsystem seien unabsehbar. Dazu passen die einzelnen Expertenstimmen, die erfrischend offen erklären: Wir wissen eigentlich gar nicht was passiert (erste Hinweise sammelt der RLS City Crash Counter; vgl. auch die Linkliste „Langfristige Folgen der Krise für die Kommunen“), was mit was wie zusammenhängt und was noch alles passieren wird.

Aber was sind schon 700 Mrd.? Etwa ein Jahr US-Handelsbilanzdefizit. Oder deutlich weniger als 10% der gesamten US-Staatsverschuldung von deutlich mehr als 10 Billionen. Oder was sind die 300 Millionen, die die KfW in den Sand gesetzt hat? Mir fallen die berühmten ‚Peanuts‘ ein im Vergleich zu den ca. 2,5 Billionen, die die Deutschen privat derzeit auf der hohen Kante haben. Dabei beträgt der Durchschnitt der privaten Anlagevermögen etwa 50.000 Euro. Und in D sind diese Vermögen bei aller subjektiv empfundenen Ungleichverteilung immer noch gleicher verteilt als in den meisten anderen Weltgegenden. Die Schulden der einen sind immer die Guthaben der anderen. Die Verluste der einen die Gewinne der Anderen. Wo sitzen also die Krisengewinnler? Oder wer erklärt mir, warum diesmal an der Metapher vom Schwarzen Finanzloch mehr dran sein soll als Verdunklung der Umverteilungs- und Machteffekte dieser Krise?

Krise des Systems – was heißt das denn überhaupt: Machen die kleinen, aber feinen Systemunterschiede, zwischen privaten, öffentlich-rechtlichen und genossenschaftlichen Finanzinsituten einen Unterschied? Wer ist denn in der Krise? Die Banken, das Bankensystem, das Finanzsystem, die Deregulierung des Finanzsystems, die überwiegend privatwirtschaftliche Verfassung des Bankensystems? Auf jeden Fall klingt die kriseninduzierte Forderung nach mehr Privatisierung von Stadtsparkassen, Landesbanken u.ä. wie ein hilf-, ahnungs- und hoffnungsloses Rettungskonzept nach dem Motto ‚Mehr davon‘. Mehr von dem, was mit einiger Plausibilität erst soweit in die Krise geführt hat. Während sich die sogenannten Finanzspritzen und Hilfspakete vielleicht sogar als verdeckte Verstaatlichung der angeschlagenen privaten Finanzinstitute und wenn es so weitergeht, der ganzen Branche interpretieren lassen.

Aber mal ehrlich: Bankenkrise wird hierzulande erst sein, wenn wirklich alle dran glauben, dass Bankenkrise ist, zu ihrer Bank gehen um ihr Erspartes abzuholen und dort hören: Gibt kein Geld. Haben Sie es nicht schon gehört? Ist doch Bankenkrise! Argentinische Verhältnisse in der Stadtsparkassenfiliale, empörte bis panische Bürger mit Brecheisen gegen Geldautomaten (siehe Abb.). Bevor ich das nicht sehe, hier bei mir um die Ecke, glaube ich nicht an eine Bankenkrise. Und mal ganz nebenbei, eins ist so klar, dass es nirgends Erwähnung findet: Gegen die USA und „uns“ wird kein IWF und keine Weltbank irgendwelche Strukturanpassungsmaßnahmen und Entschuldungsprogramme durchsetzen. Denn in der derzeitigen Konstellation stehen die starken Militärapparate auf der Seite der Schuldner und nicht auf der Seite der Gläubiger – wie sonst so. Und wer so starke und agressive Militärs am Start hat, wird das ‚Vertrauen‘ seiner Gläubiger so schnell nicht verlieren.

Ich glaube also eher an das gute alte Umverteilungsspiel, o.k.: vielleicht in einer im historischen Vergleich etwas unverschämteren Größenordnung: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren. Und an das gute alte Machtspiel: Im Banken- und Finanzsystem läuft ein dynamischer Konzentrations- und Rationalisierungsprozeß. Und der wird auch noch hoch subventioniert durch die ganzen staatlichen Hilfspakete.

Sie wissen nicht was sie tun. Aber sie tun es konsequent und erfolgreich. Da isser wieder, der Fetisch…

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6 Responses to “Banken- und Finanzmarktkrise. Betrifft uns das?”

  1. Robin Hood,

    Einige wenige sind die Gläubiger der Finanzkriese greifen alle Gelder ab und kassieren noch die Subventionen.

    Nachdem die Terrornummer nicht mehr funktioniert zum abzukassieren, haben sich die doch ein schönes neues Instrument gefunden zur umzuverteilen und um die Versklavung voran zu treiben.

    Robin Hood

  2. dani,

    Kann lalilu nur zustimmen.
    Was weiß man als „normaler“, oder besser gesagt, eher weniger an wirtschaftlichen Zusammenhängen schon?? Dann versucht man, sich zu informieren, versteht aber schon den Informationstext nicht, weil einfach so viele „Finanz“- und „Bänkerworte“ benutzt werden, dass man dann frustiert aufgibt. Traurig…
    Kein Wunder, dass hier keiner anfängt, Alarm zu schlagen!!

  3. Natascha Brinkwald ems-forum AG,

    In ihr war von nie Geglaubtem, Unfassbarem und vollends Absurdem die Rede. Wer glaubte, dass eine Steigerung des neoliberalen Irrsinns nicht mehr möglich ist, sieht sich seit gestern getäuscht:

    „„Postbank-Vorstand sichert sich Millionen. Die Postbank macht Miese, ihre Ma­nager kassieren ungeniert dicke Prämien: Wie ein Sprecher bestätigte, gewährte die Postbank ihrem Vorstand Sonderzahlungen in Millionenhöhe – wenige Tage vor dem über­­raschenden Gewinneinbruch des Instituts… Merkel appelliert an Banken: Ret­tungsfonds nutzen.“
    http://www.heute.de ; 1. November 2008)

  4. lalilu,

    Viel Geblubber um Nichts. Fakt ist,dass Fehlbuchungen zurückgebucht werden können.
    Aber es besteht offensichtlich kein Interesse.
    Es wird Höchste Zeit, dass Strukturen entzerrt werden und einfache für jeden durchschaubare Geschäftsabläufe Pflicht sind.Bei Banken, Krankenkassen etc. !

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