aus geschichte lernen

und sich gegen heutige wirtschaftliche Ausbeutung auflehnen, hat Franco „Bifo“ Berardi kürzlich öffentlich getan:

Ich danke Ihnen sehr für Ihre Einladung (…). Ich muss Ihnen jedoch mitteilen, dass, obwohl ich vor einigen Monaten Ihre Einladung angenommen habe, ich mich heute gezwungen sehe, meine Teilnahme an Ihren Manifestationen abzusagen, denn in diesem Augenblick kann ich keinen Fuß setzen in ein Land, dessen Einwohner sich in sehr großer Mehrheit in den Haltungen der fanatischen Verfolger des griechischen Volkes und aller Völker der Euro-Zone wiederfinden.

Ich glaube, dass für jeden europäischen Demokraten nun der Moment gekommen ist, einer tief schmerzlichen und erschreckenden Wahrheit ins Auge zu sehen: Siebzig Jahre nach dem Ende des Naziregimes, zweiundsechzig Jahre nach der Londoner Akte, in der die Schulden, die Deutschland gegenüber der Menschheit hatte, erlassen wurden, zeigt die Nation dieselben kulturellen, psychologischen und politischen Züge, die sie in ihrer dunkelsten Vergangenheit charakterisiert haben.

weiter in junge welt, 17.7.2015

Ja zur Demokratie, nein zur Austeritätspolitik

Thomas Sablowski schreibt aktuell zum Abruch der Verhandlungen zwischen den Gläubigerinstitutionen und der griechischen Regierung:

Angela Merkels Behauptung, die Gläubiger hätten Griechenland zuletzt ein «außergewöhnlich großzügiges Angebot» gemacht, ist ein schlechter Witz. Die Position der Gläubiger ist im Wesentlichen seit dem ersten Tag der Verhandlungen mit der neuen griechischen Regierung unverändert. Die Regierungen der Euro-Gruppe und die Troika von Internationalem Währungsfonds, Europäischer Zentralbank und Europäischer Kommission beharren bis heute auf einer Fortsetzung der Austeritätspolitik in Griechenland, insbesondere auf weiteren gravierenden Mehrwertsteuererhöhungen und Rentenkürzungen, die zu einer weiteren Verarmung der breiten Masse der griechischen Bevölkerung führen würden. Das letzte «Angebot» der Gläubiger bestand darin, im Gegenzug über das Auslaufen des jetzigen «Programms» hinaus für fünf Monate Kredite in Höhe von 15,5 Mrd. Euro zu gewähren. Dabei handelte es sich jedoch de facto nicht um die Zusage neuer Kredite, sondern bloß um eine Umwidmung bereits früher zugesagter Gelder. Weiterlesen

Thomas Sablowski ist Mitarbeiter des Instituts für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit dem Schwerpunkt Politische Ökonomie der Globalisierung und Mitglied der Redaktion der PROKLA. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung arbeitet derzeit mit einem Schwerpunkt zum Thema.

Außerdem gibt es mittlerweile die dritte Ausgabe der Massenzeitschrift FaktenCheck Hellas. Sie eignet sich zum Auslegen auf der Betriebstoilette, beim Griechen nebenan und zum Verteilen in Familie, Freundeskreis und Nachbarschaft.

Die Herrschenden brechen ihr eigenes Recht – weil sie es können…

troika_copDie Kürzungsmaßnahmen im Rahmen der sogenannten Troika aus Europäischer Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) greifen tief in das Haushaltsrecht der Mitgliedstaaten ein, beschneiden Arbeits-, Sozial- und Streikrechte, machen direkte Vorgaben zu Lohn- und Rentenniveaus oder dem Umbau der Sozialsysteme, verordnen Privatisierungen. Mit der Durchsetzung und Überwachung dieser Austeritätsmaßnahmen (sogenannte Memoranda of Understanding mit den entsprechenden «Programmländern»), die im Gegenzug zu den «Hilfskrediten» die Zahlungsfähigkeit der Krisenländer vermeintlich sichern sollen, verstößt die Troika gegen Grund- und Menschenrechte (z. B. das Recht auf Tarifautonomie oder das Recht auf Gesundheitsversorgung) sowie – zumindest die Unionsorgane Kommission und EZB – gegen europäisches Recht. Vor allem aber überschreitet die EZB in vielfacher Hinsicht ihr Mandat.

Diesen Zusammenhang von Rechtsbrüchen im Rahmen des Krisenmanagements beleuchtet ein Gutachten des Rechtswissenschaftlers und Juraprofessors (Uni Bielefeld) Andreas Fisahn. Steffen Kommer und Andreas Fischer-Lescano haben kürzlich ebenfalls ein Gutachten im Auftrag der Arbeiterkammer Wien zur grund- und menschenrechtlichen Problematik der Austeritätspolitiken vorgelegt. Lukas Oberndorfer stellt heraus, dass es sich hierbei keineswegs um vorübergehende Inkohärenzen angesichts schneller Handlungsnotwendigkeiten handelt, sondern um eine neue strategische Ausrichtung.

Keine Eisenbahnprivatisierungen mit der Linken

eisenbahn
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Die Bahnprivatisierungen der 1990er und ihre sozialen, oft sogar unmittelbar tödlichen Folgen sind seit über 10 Jahren immer wieder Thema auf diesem Blog. Derzeit produziert die EU wieder Liberalisierungs- und Privatisierungsdruck auf dem Bahnsektor. „Auch nach der Beschlussfassung des EU-Parlaments über das 4. Eisenbahnpaket Ende Februar 2014 setzt sich DIE LINKE gegen eine weitere Liberalisierung im Eisenbahnbereich, drohende Zerschlagung bisheriger, überwiegend noch in Staatsbesitz befindlicher Eisenbahngesellschaften und einen Abbau demokratischer Rechte für die abhängig Beschäftigten ein“, so im Beschluss des Parteitags vom 10.5.2014. Stattdessen setzt die Partei auf den Erhalt und Ausbau des Nachtzugverkehrs der DB als Teil eines europäischen Nachtzugnetzes (Beschluss).

Privatisierung von Wasser und Luft

waterNiemand hat die Absicht, den Wassersektor zwangszuprivatisieren, versichert die EU-Kommission. Dennoch sind sie am Werk, wie dieses Blog immer wieder festhält. Viele Bürger und Politiker befürchten gleichermaßen, dass kommunale Dienstleistungen künftig europaweit ausgeschrieben werden müssen. Da hilfen die Analyse von Christoph Jehle,  eine Übersicht über die Fakten und deren Interpretation und eine Kampagnenseite dagegen. Der Rekommunalisierungstracker zeigt, was sich in den europäischen Kommunen in Sachen Wasser tut.

Angesichts dieser EU-Pläne zur Privatisierung der Wasserversorgung wird klar: Es ist Zeit für die Privatisierung der Atemluft. Saubere Luft kostet Geld: Der Rückbau von Dreckschleudern der Industrie, Entwicklung und Einbau von Auto-Abgasfiltern, die Konzeption neuer, abgasfreier Flugzeugdüsen und deren Bau, die Züchtung moderner Kühe, die weniger Methangas in die Luft furzen, die weltweite Aufforstung von Brachen, um überschüssiges CO2 zu binden. All das kostet Geld und eine effiziente Herangehensweise. Weiterlesen

Dass die Satire mal wieder der Wirklichkeit hinterherhinkt, zeigen entsprechende Aussagen aus dem Hause Nestle (ja, die, die so auf nett machen mit Milch und Schokolade – Konsumpf sammelt einige Links zur Unternehmenswirklichkeit hinter dem schönen Schein).

Privatisierungsdiktat der EU-Kommission

Die EU-Kommission macht keinen Hehl daraus, dass sie die Schuldenkrise dazu nutzen will, um EU-weit die Privatisierung öffentlicher Dienste voranzutreiben. Dazu heißt es in einem Schreiben der EU-Generaldirektion vom 26. September 2012, das der Tageszeitung Neues Deutschland vorliegt: »Wie Sie wissen, trägt die Privatisierung öffentlicher Betriebe sowohl zur Verringerung der öffentlichen Schulden, als auch öffentlicher Subventionen… bei.« Die Kommission »glaubt, dass die Privatisierung öffentlicher Daseinsvorsorge, einschließlich der Wasserversorgung,« nützlich für die Gesellschaft sein kann, wenn sie »sorgsam durchgeführt« werde und »geeignete Regelwerke gegen den Missbrauch durch private Monopole bestehen«. Dagegen wendet sich eine transnationale Initiative: „Wasser ist ein Menschenrecht“. Mehr lesen im ND

Der Ausverkauf der Commons

In den 1980er und verstärkt in den 1990er Jahren durchliefen die Länder Europas eine Privatisierungsphase, in deren Ergebnis die Wohlfahrtsstaaten drastisch reduziert wurden. Die Begründungen dafür unterschieden sich je nach Wirtschaftssektor, Land und Zeitpunkt voneinander, auch die Form der Privatisierung. … Die Staatsschuldenkrise hat diese Verschiebung zugunsten des privaten Sektors vorangetrieben; besonders deutlich zeigt das Griechenland. … Das wirtschaftliche Anpassungsprogramm, das mit dem ersten Rettungspaket im Mai 2010 verbunden war, enthält einen detaillierten Privatisierungsplan nach Vermögenstyp, Verkaufsmodus und erwarteten Erlösen für den Zeitraum 2010 bis 2015. Der angestrebte Erlös wurde auf 50 Mrd. Euro festgesetzt. Keine dieser Behauptungen ist durch Erfahrungen oder Untersuchungen der gegenwärtig betroffenen Sektoren oder Länder begründet. Somit sind sie lediglich Ausdruck der politischen und ideologischen Sichtweise der europäischen Eliten und der mit ihnen verbundenen Interessengruppen. Die EU begünstigt Privatisierung nicht nur als Lösung der Staatsschuldenkrise, sondern auch als Mittel zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Mehr lesen in der Zeitschrift Luxemburg

Bundeswehr deprivatisiert die Instandhaltung der Fahrzeugflotte des Heeres

Public-Private Partnership: Auch die Bundeswehr lagerte zahlreiche Dienstleistungsbereiche aus, von der Bekleidungsbeschaffung bis zur zivilen IT. Auf lange Sicht kamen die PPP-Projekte oft deutlich teurer, als wenn sie von vornherein staatlich finanziert worden wären. Für die Deprivatisierung des Bundeswehrgeschäfts mit der Heeresinstandsetzungslogistik GmbH (HIL) gibt es andere Gründe: Das Ausschreibungs- und Wettbewerbsrecht der EU. Auch bei der Deprivatisierung werden die Kosten sozialisiert. Mehr lesen

Neues Buch aus dem FORBA-Kontext

Ein neuer Sammelband aus dem PIQUE-Projektzusammenhang im Hause FORBA:

„Public services throughout Europe have undergone dramatic restructuring processes in recent years in connection with liberalization and privatization. While evaluations of the successes of public services have focused on prices and efficiency, much less attention has been paid to the impacts of liberalization and privatization on employment, labor relations, and working conditions. This book addresses this gap by illustrating the ways in which liberalization has contributed to increasing private and foreign ownership of public services, the decentralization of labor relations has amplified pressure on wages, and decreasing employment numbers and increasing workloads have improved productivity partly at the cost of service quality.“

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Neuer Film: Catastroika

Am gestrigen 26. April 2012 wurde der Film Catastroika veröffentlicht. Die Macher von Debtocracy, einem Dokumentarfilm, der Millionen von Menschen auf der ganzen Welt erreichte, präsentieren ihre neue Produktion. Der Dokumentarfilm enthüllt die bevorstehenden Ergebnisse des aktuellen Ausverkaufs des griechischen öffentlichen Vermögens, welcher unter Berufung auf die Staatsverschuldung erzwungen wird. Anhand von Beispielen u.a. aus London, Paris, Berlin, Moskau und Rom, prognostiziert Catastroika, was passieren wird, wenn dieser Privatisierungskurs fortgesetzt wird.

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