Zeitschrift Luxemburg: Themenausgabe Smarte Neue Welt

Soziale Medien verändern grenzüberschreitend Kommunikationsweisen und Öffentlichkeiten, Lifelogging-Apps heben neoliberale Selbsttechnologien auf eine neue Stufe, und auf der Grundlage vernetzter Nutzerdaten wird Mobilität ebenso wie Pflege und Gesundheitsversorgung grundlegend umgebaut; von den ökologischen Folgen dieser SMARTEN NEUEN WELT ganz zu schweigen. Von links stellen sich zwei zentrale Fragen: die nach der Verfügung über all diese Daten, Algorithmen und Kommunikationsinfrastrukturen. Sie liegt zunehmend in der Hand privater Konzerne, die sie nicht zuletzt für staatliche Überwachungszwecke und digitale Kriegsführung bereitstellen. Die andere Frage ist die nach den Rationalisierungspotenzialen der Automatisierung. Wem gehört eigentlich die frei werdende Zeit? Und wie lassen sich angesichts privatwirtschaftlich generierter Automatisierungsgewinne künftig Einnahmen öffentlicher Kassen sicherstellen? Weiterlesen

bye-buy Wissenschaft: Wer hat Zugang zu Forschungsergebnissen?

Humboldt-Universität by K.H. Reichert, CC-by-2.0

Elsevier, einer der großen wissenschaftlichen Verlage, ist kürzlich gerichtlich gegen zwei der größten ehrenamtlich betriebenen Online-Bibliotheken vorgangen, die wissenschaftliche Publikationen, die sich viele Wissenschaftler_innen nicht mehr leisten können, kostenlos zur Verfügung stellen: Library Genesis und Sci-Hub. Dieses Vorgehen setzt ein deutliches Signal, wie Alexandra Elbakyans (Sci-Hub) kommentiert:

Falls es Elsevier gelingt, unsere Projekte zu stoppen oder ins Darknet zu zwingen, demonstriert das eine wichtige Idee: dass die Öffentlichkeit kein Recht auf Wissen hat.“

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Eine Fanfare: der nächste Ausverkauf.

Kühn voran„Der 9 Billionen Dollar Ausverkauf“ knallt es von der roten Titelseite des „Economist“ vom 11. Januar 2014. Das weltweit einflußreiche Leitorgan des marktradikalen Neoliberalismus  hält die Zeit für gekommen, wieder an eine große Erfolgsgeschichte anzuknüpfen: die Privatisierung. Nicht um die Gewerkschaften zu zerschlagen (Modell Thatcher) oder die staatssozialistische Kommandowirtschaft abzuwracken, sondern historisch einmalige Staatsschulden zu verringern.

Tafelsilber gibt es noch genug.

In den OECD-Staaten sind die Staatsunternehmen zwei Billionen $ wert. Hinzu kommen Staatsbeteiligungen und die kommunalen Versorgungsunternehmen. Die „wahren Schätze“ aber sind das produzierte oder nicht-produzierte Sachvermögen – Immobilien, Straßen, Maschinerie, Infrastruktur, Software, Patente, Kulturgüter o.ä.und das Land mitsamt den darunter liegenden Rohstoffen. Nach einer neuen Schätzung des IMF von 2013 belaufe sich dieser Vermögenswert in der OECD auf rund 3/4 des des Bruttsozialprodukts, also 35 Billionen Dollar. Sicherlich gehörten hierzu auch Assets wie der Louvre, der Parthenon oder der Yellowstone Nationalpark. Die miserable Erfassung durch die staatliche Statistik (so der „Economist“) mache es schwierig, den Anteil solcher Schätze zu ermitteln. Allein die US-Bundesregierung besitze eine Million Gebäude (von denen 45 000 nach einer Erhebung von 2011 nutzlos oder kaum genutzt seien) und rund ein Fünftel des Bodens, damit auch große Reserven an Öl, Gas und anderen Rohstoffen. Bislang war die Fracking-Industrie weitgehend auf Privatland (oder privatisiertem Land) tätig, nun wächst der Druck auf öffentliches Land. Griechenland’s Staat verfüge laut Economist über mehr als 80 000 Gebäude und Ländereien, deren Wert nicht realisiert würde – obwohl es sich um keine historischen Gebäude handele. Allein in Schweden mache das marktfähige  Staatseigentum rund 100-120 Milliarden $ aus – wenn dies typisch sei, dann säßen die OECD-Staaten auf Land und Gebäuden im Werte von 9 Billionen $, das sie verkaufen könnten – fast ein Fünftel ihrer Bruttoschulden. (Economist, S. 9). In den 34 Mitgliedsstaaten der OECD operierten Ende 2012 2 111 Unternehmen im Staatseigentum oder mit einer staatlichen Mehrheitsbeteiligung mit insgesamt 5,9 Millionen Beschäftigten, deren Wert auf 2,2 Billionen geschätzt wurde – das entspricht ungefähr der Größenordnung der globalen Hedgefondsindustrie. Firmen mit staatlichen Minderheitsbeteiligungen zwischen 10 % und 50 % haben einen kombinierten Marktwert von 890 Milliarden $ und beschäftigen 2,9 Millionen Personen. Christiansen schätzt den Gesamtwert der Staatsunternehmen im OECD-Bereich unter Einbeziehung der kommunalen Ebene auf mehr als 4 Billionen $. 

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Eigentum tötet

Aaron Swartz bei Anti-PIPA-ProtestenBy Daniel J. Sieradski (Flickr: Aaron Swartz) [CC-BY-SA-2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons
Aaron Swartz bei Anti-PIPA-Protesten
By Daniel J. Sieradski, CC-BY-SA-2.0, via Wikimedia Commons
Aaron Swartz hatte Wissenschaft befreit. Aus einem akademischen Bezahlportal hatte er 4,8 Millionen wissenschaftliche Artikel heruntergeladen, ohne dafür zu bezahlen und sie im Internet veröffentlicht. Obwohl die geistigen Eigentümer nach einigem Hin und Her von zivilrechtlichen Ansprüche gegen Swartz abgerückt waren und ihre Artikel mittlerweile kostenlos anbieten, verfolgte die Staatsanwaltschaft den Fall weiter. Das öffentliche Interesse an der Durchsetzung von Gehorsam gegenüber geistigem Eigentum wog offensichtlich schwerer als der Wille zur gütlichen Einigung seitens der Eigentümer im konkreten Fall. Swartz drohten im Fall seiner Verurteilung eine bis zu 35-jährige Haft- und eine hohe Geldstrafe. Der Gerichtsprozess war für April 2013 angesetzt. Jetzt ist Swartz tot – Selbstmord. Nach seinem Suizid wurde unter anderem von Seiten Angehöriger und Freunde Kritik laut gegenüber der Staatsanwältin, ihr wird eine Mitschuld an Swartz Tod vorgeworfen. Sie soll im Prozess „überzogen“ gehandelt haben, so SPON. Weiterlesen in einem Nachruf

Scan the World

Bild: Google via wired.com

Etwas im Schatten der absurden Auseinandersetzung um das Leistungsschutzrecht bzw. um Geld zwischen Datenkrake Google und copyrightgeilen deutschen Verlagen hat Google vor zwei Wochen die Bauanleitung für einen selbstumblätternden Buchscanner ins Netz gestellt. Die Baukosten für diesen nach einer frei lizensierten Bauanleitung hergestellten Scanner sollen 1.500 $ betragen. Das Gerät soll tatsächlich automatisch umblättern und würde so einen gewaltigen technischen Fortschritt gegenüber anderen Open Source Hardwarelösungen bieten und in Bereiche vordringen, die bislang Geräten ab 100.000 € vorbehalten waren.

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Informationseigentum bekämpfen

artwork: tapatim

Das Motto „Eigentum ist Diebstahl“ aktualisiert sich in der ökologischen Übergangsgesellschaft zum Slogan „Informationseigentum ist ein Verbrechen.“ Die transnationalen Konzerne haben die entscheidende Rolle von Wissen und Information als zentraler Ressource längst erkannt und arbeiten an der umfassenden Privatisierung des Informations-Eigentums. Eine ökologische Übergangsgesellschaft lässt sich jedoch nicht mit privatisiertem Wissen erreichen – so wie man keine Industriegesellschaft etablieren kann mit privaten Straßennetzen und keine Globalisierung mit einem Flickenteppich von Zoll- und Rechtsschranken. Weiterlesen in der hier ab sofort erscheinenden Serie „Grüner Sozialismus“ oder in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Luxemburg.

DRM oder…

…Die merkwürdige, kaputte Welt der Digitalen Rechte-Minderung
Das naheliegende ist schwer bzw. verboten: Legal erworbene Filme auf verschiedenen Geräten anschauen, Sicherungskopien ihrer DVDs machen, elektronische Bücher in andere Formate umwandeln. Systeme zur Digitalen Rechte-Minderung (DRM) beschränken das Recht, all diese Dinge zu tun. Es kann sogar kommen, dass Filme oder elektronischen Bücher nicht mehr funktionieren, wenn der Verkäufer in Konkurs geht oder sein DRM-System abschaltet. Die Kampagnenseite DRM.info hilft zu verstehen, wie DRM das persönliche Leben und die Gesellschaft in der wir leben, beeinflusst. Die Kampagne zielt auf Boykott entsprechend ausgestatteter Geräte und öffentlichen Protest gegen entsprechende rechtlich verbindliche Regelungen. Die Broschüre „DRM oder die merkwürdige, kaputte Welt der Digitalen Rechte-Minderung“ soll ab Mitte September auch gedruckt bei der FSFE erhältlich sein.

Linksparteiliches zur Urheberrechtsdebatte

„Mach doch mal einen Verbesserungsvorschlag“, sang einst der Oktoberklub in der DDR. Und genau um solche geht es nun linken Kultur- und Medienpolitikern: Fünf Bundestagsabgeordnete haben einen Entwurf zur Novellierung des Urhebervertragsrechts formuliert und zur öffentlichen Debatte gestellt. Aus dem Kreis waren unlängst auch „Zehn Punkte zum Urheberrecht“ vorgelegt worden – die sogleich auf kritische Kommentierung stießen. Mehr linksparteiliches zur Urheberrechtsdebatte bei Lafos Linke.

Fight Fire With Fire

Mit Softwarepatenten gegen das Patent-Regime: Das Open Invention Network (OIN) ist ein Industrieverbund, das Softwarepatente erwirbt und diese jedem Unternehmen sowie jeder Privatperson frei zur Verfügung stellt, welche sich bereit erklären, keine Patentansprüche gegen das freie und quelloffene Betriebssystem GNU/Linux, noch gegen irgendwelche andere Software, welche mit Linux in Verbindung steht, geltend zu machen. Interessant ist die Definition von Linux, die OIN ihrer Politik zugrunde legen.

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Beweise beim Filesharing muss Abmahnender erbringen

sharing is caringIn einem Fall von Filesharing auf Internet-Tauschbörsen hat das Oberlandesgericht Düsseldorf (Aktenzeichen I–20-W 132/11) positiv für den Angeklagten entschieden. Mitte Januar 2012, urteilte es, dass Abmahnende darlegen müssen, dass sie tatsächlich die Rechte für die einzelnen Stücke besitzen. Darüber hinaus wurde dem Abgemahnten zugesprochen, dass er u.U. nicht wissen könne, dass Musikdateien über seinen Internetanschluss getauscht wurden. Diese Entscheidung verortet die Beweislast nicht mehr beim Beklagten. Weiterlesen

Unschuldsvermutung beim Urheberrecht abgeschafft

Ohne Computer und W-Lan aber mit einem Netzanschluss zum Telefonieren: Das reicht um sich nach Ansicht des Münchner Amtsgerichts strafbar zu machen durch die Nutzung eines Filesharing-Netzwerkes und den Down- bzw. Upload von Filmen (ggf. auch durch dritte) über den eigenen Anschluss. Wie? Das lässt das Gericht offen.

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Kampagne gegen: „Restricted Boot“ by Windoof

Die Free Software Foundation (FSF) startet eine Kampagne gegen die Funktion des Secure Boot. Eine Zertifizierung für Windows 8 setzt Secure Boot zwingend voraus. Die FSF befürchtet, dass es dadurch nur noch möglich sein wird, Windows zu starten, jedoch kein freies Betriebssystem. In bekannter Wortspielmanier nennt die FSF die Funktion entsprechend „Restricted Boot“ – beschränktes Starten, statt sicheres Starten.

Augen auf beim Bucher-Kauf

Bucher-LLCAuf der Suche nach dieser CD von Lin Jaldati (und Eberhard Rebling) bin ich bei Dussmann auf einen auf den ersten Blick interessant erscheinenden Reader gestoßen: Jüdische Musik, so der Kurztitel. 15,- € für 36 Seiten irritierten mich dann, der Wikipedia-Hinweis in den Produktdetails nicht weniger. Also googelte ich den dort angegebenen Verlag Books LLC (während auf dem Titelbild Bucher Gruppe steht) und schnell war mir klar, an eines dieser unsäglichen „Bücher“ des Verlags Dr. Müller (VDM) geraten zu sein, welcher ohne Sinn und Verstand Wikipedia-Inhalte unlektoriert zwischen zwei Pappdeckel klebt. Weiterlesen