Vielen Dank, Nato!

Keiner kann es den Commons zum Vorwurf machen, wenn die grundsätzlich Falschen sich plötzlich als Beschützer der Commons inszenieren. Vielmehr müssen wir es zur Kenntnis nehmen und entschlüsseln bzw. übersetzen: Wenn die Nato von „Assured Access to the Global Commons“ spricht, dann kann das nur das Gegenteil von dem bedeuten, was Commons global macht: Die Aneignung dieser Commons durch den mächtigsten Militärapparat der Welt zu den Bedingungen und zur Sicherung der Wirtschaftsweise, die diesen Militärblock hervorgebracht hat, finanziert und der zu deren Weiterexistenz nötig ist.

Inflation? Hängt vom Klassenstandpunkt ab!

korbDie taz bringt es kurz und anschaulich auf den Punkt: Die regelmäßig veröffentlichten Inflationszahlen sind für ganze Bevölkerungsgruppen irrelevant, wenn nicht sogar falsch und damit irreführend und ideologisch verkehrt.

Bei der Berechnung der Verbraucherpreise gewichten die Statistiker faktisch die Bedürfnisse von Wohlhabenden stärker als die von Armen. Wer arm ist, muss mit einer weit höheren Preissteigerungsrate leben. Die Kluft zwischen amtlicher Preissteigerung und persönlicher Inflation liegt im sogenannten Warenkorb verborgen. In diesen packen Fachleute des Statistischen Bundesamtes (Destatis) alles hinein, was der vermeintliche Durchschnittsbürger so ge- und verbraucht … Zweifelhaft ist ebenfalls die Gewichtung langlebiger Konsumgüter wie Autos: Auch der „Kauf von Fahrzeugen“ landet nämlich im Warenkorb – mit dem dreifachen Gewicht von „Gemüse“! Doch während die Preise für Kartoffeln, Möhren und Paprika in diesem verregneten Sommer teilweise über 40 Prozent zulegten, blieben die Preise für Kauf und Betrieb von Kraftfahrzeugen nahezu gleich. … Studien von Sozialwissenschaftlern zeichnen jedoch ein gänzlich anderes Verbraucherverhalten im unteren Einkommensdrittel: … die Ausgaben für Energie und Nahrungsmittel sind „unten“ in der Gesellschaft weit höher, als es die amtliche Statistik nahelegt. Doch gerade diese Posten gelten als Preistreiber.“

Filmdokumentation zu Ernährungssouveränität in Zeiten des Klimawandels

Ernährungssouveränität ist die zentrale Forderung der kleinbäuerlichen Bewegungen in Bangladesch. Angesichts von Klimawandel, Flächenknappheit und Landkonflikten setzen sie sich für eine gerechte Landverteilung und eine selbstbestimmte Agrarproduktion ein. Eigene Parzellen sowie kulturell und ökologisch angepasstes Saatgut sehen sie als Basis für die Nahrungsmittelversorgung. Die Bewegungen verfolgen ihre Ziele gegebenenfalls mit radikalen Mitteln: Sie besetzen und bewirtschaften Land, das ihnen laut Gesetz zusteht, aber aufgrund von Korruption nicht übertragen wird.
Der Anbau für den Eigenbedarf und die lokalen Märkte wird durch die Kapitalisierung des Agrarsektors stark gefährdet. Seit der “Grünen Revolution” in den 1960er Jahren nimmt der Einfluss von Saatgut- und Chemiekonzernen beständig zu. Die Abhängigkeit von Dünger, Pestiziden und modifizierten Samen sowie die infrastrukturellen Eingriffe durch Staat und Weltbank haben die Lebensbedingungen der Kleinbäuerinnen und -bauern verändert. Höhere Produktionskosten und sinkende Bodenfruchtbarkeit sind die Schattenseiten der gesteigerten Ernten, die viele in die Verschuldung treibt. Heute gelten drei Viertel aller Bangladeschis offiziell als landlos und haben laut “Kash-Land-Gesetz” Anspruch auf eigene Parzellen. Doch Korruption in Politik und Verwaltung verhindern die Enteignung von Großgrundbesitz und die Übertragung von Staatsflächen.

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Letzte Reue

Stefan Meretz weist in seiner neuen Kolumne fürs ND auf eine erschreckende Gemeinsamkeit der bilanzierenden letzten Gedanken Sterbender hin:

»Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, mein eigenes Leben zu leben und nicht das, was andere von mir erwarteten.« Es geht also um Fremdbestimmung. Hier wird sie in Form der Erwartungen anderer ausgedrückt. … Die nächste Tatsache, die Sterbende bereuen, identifiziert den dahinter stehenden Strukturzusammenhang sehr genau: »Ich wünschte, ich hätte nicht so hart gearbeitet.« Die Arbeit erscheint im Rückblick oft als das, was sie mitten im Leben nicht sein darf: eine knechtende, zwanghafte Tätigkeit.

Den ganzen Beitrag im ND online lesen.

zum Beispiel Berlin

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Creative Commons License Martin Fisch via Compfight

Ferien machen ist toll. Die einen mögen die Stille der Berge, andere die Weite des Meeres, dritte gar die Stadt. Städteurlaub also, zum Beispiel in Berlin. Die einen wollen’s eher gediegen im Hotel, die nächsten schätzen es eng zusammen mit anderen Reisenden im Hostel und wieder andere bevorzugen temporäre „eigene vier Wände“: die Ferienwohnung im Wohnhaus. Hier lassen sie dann mal so richtig die Sau raus: Party, bis der_die Nachbar_in geht.

Ferienwohnungen sind das Leid der Nachbarschaft, die keine Ferien hat. Übel ist die Ignoranz der Besucher_innen, die mit ihrem Begehren nach authentischer Nähe zur Bevölkerung genau diese gegen sich aufbringt und vertreibt.

In Berlin soll es eine neue Verordnung gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum u.a. durch die Umnutzung zu Ferienwohnungen geben. Endlich, so scheint es, wird es wieder möglich, nachbarliche Beziehungen aufzubauen und sich auch mal wieder nebenan das berühmte Ei borgen zu gehen. Die Freude über den neuen Regulierungsansatz verliert leicht den Druck aus den Augen, den die Möglichkeit erzeugt, aus Wohnraum erheblich mehr Profit zu schlagen als nur durch „normale“ Vermietung. Das Berliner MieterEcho hat eine Untersuchung über zwei Jahre zu Zweckentfremdung und Anwohnerbelastung durchgeführt und arbeitet die komplette Mangelhaftigkeit des Gesetzes heraus. Aus Wohnraum wird weiterhin Geld gemacht werden, in Berlin und anderswo – koste es, wen es wolle.

Weniger wachsen? Schrumpfen!

logo-degrowth-headerDass es mit dem auf Ausbeutung, Mord und Naturzerstörung basierenden westlichen Wachstumsmodell nicht ewig so weitergehen kann, ist selbst überzeugten Kapitalismusbefürwortern mittlerweile klar. Aber Schrumpfen klingt nicht gut, und die gute alte Wachstumskritik kommt labeltechnisch auch ziemlich sperrig rüber. Wenn schon nicht das locker luftige „Décroissance“, dann doch wenigstens „Degrowth“: Unter diesem Titel wird 2014 eine große Konferenz in Leipzig in Form von wissenschaftlichen, praxisorientierten und künstlerischen Beiträgen an drei Themensträngen arbeiten: 1. Gesellschaft organisieren. Emanzipatorische Politik. Partizipation. Institutionen. 2. Sozial-ökologisch Wirtschaften. (Re)Produktivität. Commons. Beziehungen zwischen Gesellschaft und Natur. 3. Gemeinschaft leben. Buen vivir. Creative Commons. Wissen & Technologie. Mehr lesen

Mobil gegen Armut

unrast-logo_sr_13x14.5_CS3Es gibt verschiedene Möglichkeiten für eine Gesellschaft, mit der Armut ihrer Mitmenschen und den eigenen Verarmungsängsten umzugehen. Eine in der BRD immer wieder sehr verbreitete Umgangsform ist die rassistische Stigmatisierung derjenigen, die am schlechtesten dastehen oder die als „andere“ stigmatisiert werden können. Eine sehr „gewöhnliche“ und daher selten problematisierte Form, der Antiziganismus, ist massiv ausgeprägt.

Spiegel online schreibt:

Eine Studie belegt, dass jede_r vierte Deutsche will, dass Roma aus deutschen Innenstädten verbannt werden, jede_r zweite glaubt, dass die Roma eine Neigung zur Kriminalität haben. Ein unbeliebtes Thema, diese Roma.

Das empfehlenswerte 2009 erschienene Buch „Antizigane Zustände“:

Antiziganismus ist ein weit verbreitetes und virulentes Phänomen, das in den westlichen Gesellschaften tief verankert ist. In nahezu allen Staaten Europas werden Menschen als »Zigeuner« diskriminiert und teilweise verfolgt.

Das Buch beschreibt den europaweiten Antiziganismus, die allgegenwärtige Stigmatisierung durch Politik, Wissenschaft und Medien, bewegt sich durch Geschichte und Gegenwart und geht auf die Analogie zum Antisemitismus ein.

Welcher Reis kommt auf den Tisch?

monsanto
Schaufenstergestaltung, Marseille 2013

Kolumbianischer Reis ist ab jetzt teuer, weniger genießbar und kommt aus den USA.
Der Reis selbst wird auf ein Alter von ca. 11.000 Jahre geschätzt und in China verortet. Wie bei allen Getreiden gibt es etliche Sorten. Diese passen sich den klimatischen Bedingungen und der Bodenbeschaffenheit im Jahrtausende alten Anbau immer wieder exzellent an. Mit jeder neuen Aussaat ist das aus der vorangegangenen Ernte gewonnene Saatgut qualitativ ein bisschen besser als das vorherige. Ein uralter sinnvoller Kreislauf kleinbäuerlicher Landwirtschaft, der die Ernährung großer Bevölkerungsteile bspw. in Kolumbien sicher stellte. Der Ablauf von Aussaat, Pflege, Saatgutauswahl und Saatgutgewinnung, Ernte, Trocknung, die Reismahlzeit erhält sich selbst. Er braucht keine Zwischenhändler, keinen Staat, keine Gesetze und vor allem nicht Monsanto, DuPont und andere Saatgutkonzerne.
Anne Schweigler berichtet auf www.saatgutkampagne.org: Kolumbien_Bauernproteste. Die Bauern und Bäuerinnen sehen die kapitalistische Logik von Profit durch Zerstörung nicht ein und ordnen sich dieser nicht unter. Der empfohlene Film 970 schildert die Problematik und die Kämpfe sehr eindrücklich.

Parklücken zu Einraumwohnungen

unrealestateskizzeDie Open Design-Fraktion hat sich wieder was einfallen lassen: Einen Open Source Bauplan für einen Wohnwagen, der auf einem Hänger steht. Das „Unreal Estate House“ – frei übersetzt: Anti-Immobilien-Markt-Haus. Es darf anstelle eines Autos in einer Parklücke stehen, sobald und solange es als Hänger angemeldet ist. Dauerhaftes Wohnen darin ist nicht erlaubt, da verläuft die Kampflinie mit den Verteidigern des automobilen Landgrab in den Innenstädten. Für ein Pilotprojekt ist der Prototyp des Wohnwagens immerhin „legalisiert“: Er ist als Kältehilfe-Mobil angemeldet und darf den Winter über in Berlin-Kreuzberg stehen. Alles weitere geht über Entwicklung und Promotion eines Bauplans hinaus und wäre Sache einer Bewegung: In einer Stadt, in der günstiger Wohnraum knapp ist, aber der Großteil des Parkraums kostenlos von Autos zugestellt werden darf, das Konzept Squatting/Besetzung nicht auf öffentliche Grünanlagen auszuweiten, sondern auf durch Automobilisten quasi schon privatisierten Parkraum.