Manoever vor Korsika

Die aktuelle Auseinandersetzung um die Privatisierung der staatlichen Fährengesellschaft SNCF hat einen problematischen Beigeschmack, schließlich agiert hier eine radikalnationalistische Gewerkschaft als Entführerin der Fähre Pascal Paoli; neuerdings scheinen die rechtsnationalistischen Parteien sogar Bazookas ins Spiel zu bringen. Tatsächlich aber ist das ganze Schauspiel um die Privatisierung der SNCM nichts als ein auf der Zielgeraden ins Stocken geratene neoliberales Projekt zur Verschleuderung eines Staatsunternehmens, das zunächst mithilfe der EU ruiniert wurde und nunmehr einem Spekulanten namens Butler – zufällig ein alter Kumpel Villepins, wie die FAZ berichtet – zum Auspowern zugeschanzt werden soll. Ein paar Andeutungen dazu in der Wirtschaftspresse, siehe: http://finanzen.tiscali.de/tiscali2/news.htm?u=0&k=0&id=24006833 sowie der Bericht im Neuen Deutschland vom 29.9.05: „Er (Butler) will für die SNCM 35 Millionen Euro zahlen und bis zu 400 Beschäftigte entlassen, während die Regierung zugesichert hat, das Kapital der Reederei um 31 Millionen Euro aufzustocken, ihre Schulden zu tilgen und auch noch den Sozialplan für die Entlassenen zu bezahlen. Die Gewerkschaften, die mit einer ursprünglich angekündigten »Öffnung des Kapitals« durchaus einverstanden waren, wenn dies dem Überleben des Unternehmens dient, wehren sich entschieden dagegen, dass die Reederei »verschleudert« wird. Allein der Wert ihrer zehn Schiffe wird auf 400 Millionen Euro geschätzt. “

Labour-Parteitag lehnt Gesundheitsreform ab

Brighton – Am letzten Tag des Labour-Parteitags im südenglischen Brighton hat die Regierung von Premierminister Tony Blair eine weitere herbe Niederlage hinnehmen müssen. In geheimer Abstimmungen folgten die Delegierten am Donnerstag mit 71 Prozent der Stimmen einem Antrag der Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes, Unison, die sich gegen jede weitere Privatisierung des Nationalen Gesundheitswesens (NHS) sperrt. Damit stellten sich die Parteimitglieder in großer Mehrheit gegen den Regierungskurs.
Gesundheitsministerin Patricia Hewitt will das marode staatliche Gesundheitswesen reformieren. Ein Kernstück der Reformen ist die freiere Wahl der Behandlungsmöglichkeiten und -einrichtungen. Kranke sollen sich künftig in Privatkliniken behandeln lassen können, gleichzeitig aber nicht ihre Unterstützung aus öffentlichen Mitteln einbüßen. Die Gegner befürchten, dass dies auf Kosten der öffentlichen Krankenhäuser gehen könnte.
Außerdem will die Regierung besonders effizienten und erfolgreichen Krankenhäusern den Status von Stiftungen zuerkennen, damit sie ihre Ärzte und Mitarbeiter frei wählen können. Als Stiftungen könnten die Hospitäler zudem die engmaschigen Vorgaben der Besoldung im öffentlichen Dienst aushebeln. Hier befürchten die Reformgegner weiteren Schaden für Krankenhäuser, die ohnehin in Schwierigkeiten stecken, und die Abwerbung besser qualifizierter Ärzte.
Es war die vierte Schlappe der Regierung Blair auf dem Parteitag. Entgegen dem Willen der Parteiführung hatten sich die Delegierten für eine Kopplung der Renten an Gehälter ausgesprochen. Außerdem stimmten sie für eine Besonderheit im Streikrecht, die es künftig Belegschaften erlaubt, aus Solidarität mit Streikenden anderer Unternehmen in den Ausstand zu treten. Schließlich musste die Regierung ein Parteitagsvotum für eine Erhöhung der öffentlichen Förderung von Sozialwohnungen hinnehmen. (APA)
Quelle: >>> http://derstandard.at/?url=/?id=2191441

Wachstumskurs: Privatisierung im Osten erfreut Chemie-Haendler

Brenntag, Europas größter Vertreiber von Chemikalien in Zentral und Osteuropa, wagt den Schritt nach Russland.
wien. Der führende Chemikalien-Händler in Österreich und Osteuropa, die Brenntag-CEE, die aus Wien 50 Standorte in 14 Ländern Osteuropas und in der Türkei steuert, steht vor einem massiven Wachstumsschub. Heuer wird die Tochter des gleichnamigen weltgrößten Chemie-Distributeurs den Umsatz mit 1200 Beschäftigten von 480 auf 550 Mill. Euro und den Gewinn von 20 auf 25 Mill. Euro steigern. Bis 2010 plant Brenntag-Geschäftsführer Helmut Struger ein jährliches Umsatzplus von 14 und ein Ertragsplus von 20 Prozent. Das bedeutet bis 2010 eine Verdoppelung des Umsatzes auf 1,1 Mrd. Euro, der Gewinn wird auf 55 Mill. Euro steigen. Nur mehr ein Fünftel des Umsatzes soll dann aus Österreich stammen – jetzt ist es ein Drittel.
„Wir profitieren von der Privatisierung der Öl- und Chemieindustrie in diesen Ländern, weil die Konzerne die Distribution, die sie derzeit überwiegend selbst machen, auslagern“, so Struger zur „Presse“. Derzeit gelangen in Westeuropa 20 Prozent der Chemikalien über eigenständige Vertriebsfirmen an den Kunden, in Osteuropa seien es erst drei bis vier, in Russland gar nur ein Prozent. Ein Grund mehr, jetzt auch eine Niederlassung in Russland zu gründen. Nächstes Jahr sollen die Ukraine und Griechenland folgen. Struger: „Wir investieren jährlich rund 15 Mill. Euro in die Expansion.“ Derzeit beliefert Brenntag 22.000 Kunden mit 40.000 verschiedenen Chemie-Produkten.
Als zweiten Wachstumstreiber nennt Struger die expandierende Kunststoff-, Textil- und Leder-, Kosmetik- sowie Papierindustrie in Osteuropa. Zusätzlich bildeten niedrige Steuern und Arbeitskosten Anreize für Produktionsverlagerungen aus Westeuropa. Im Umfeld der neuen Automobilwerke hätten sich etwa Lacke- und Farbenerzeuger angesiedelt. Und nicht zuletzt spiele die steigende Kaufkraft und damit Konsumbereitschaft in diesen Ländern eine wesentliche Rolle. Dies betreffe Konsumgüter aller Sparten – vom Automobil bis zu Kosmetika und Lebensmittel. „Unser Markt zählt 400 Mill. Einwohner“, so Struger.
VON HEDI SCHNEID
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