Privatisierung der oesterreichischen Staatsdruckerei

Spezialdruck: Marken-Ware
Seit der Privatisierung ist es der Staatsdruckerei gelungen, attraktive Nischen auf internationalen Märkten zu erschließen – unter anderem mit dem Briefmarkendruck für Länder, denen die entsprechenden Produktionsmittel fehlen.
Besucher könnten den Eindruck gewinnen, es handle sich bei dem Gebäude um ein Hochsicherheitsgefängnis: Wer das Betriebsgelände betreten will, muss zunächst bei einer Gegensprechanlage sein Anliegen glaubwürdig vorbringen, sonst bleibt das massive Metalltor verschlossen. Ist die erste Hürde überwunden, tut sich eine weitere Barriere auf: Vor der Lobby verhindern aus Sicherheitsglas gefertigte elektrische Schiebetüren, dass ungebetene Gäste weiter vordringen können. Passieren darf nur, wer den Zweck seines Besuches hier neuerlich erläutert, einen Ausweis beim Portier hinterlegt und sich strikt an die Anweisungen des Sicherheitspersonals hält.
Auf dem derart abgeschirmten Areal befinden sich die Räumlichkeiten der Österreichischen Staatsdruckerei GmbH. Der Name ist freilich irreführend: Der einstige Beamtenbetrieb ist längst ein privates Unternehmen, das sich vorwiegend auf die Entwicklung von Sicherheitsdokumenten konzentriert. Zu den hauptsächlichen Produkten der seit 2002 im 23. Wiener Gemeindebezirk ansässigen Druckerei zählen Pässe, Personalausweise, Wert- und Briefmarken sowie Lotterielose. Die Druckwaren weisen stets mehrere Sicherheitsmerkmale auf, gelten als fälschungssicher und werden unter strengsten Schutzvorkehrungen entwickelt und erzeugt. „In manche Bereiche unseres Unternehmens darf nicht einmal ich hinein“, sagt Geschäftsführer Reinhart Gausterer, der den ehemaligen Staatsbetrieb gemeinsam mit seinem Kollegen Thomas Zach leitet.
Neuorientierung. Nachdem die Druckerei vom vormaligen Eigentümer ÖIAG an das Wiener Private-Equity-Unternehmen ECP Euro Capital Partners veräußert wurde, sind auch die Strukturen gründlich überarbeitet worden. „Es hat für die Aufgaben, welche die Staatsdruckerei früher zu erfüllen hatte, gut funktioniert“, meint Gausterer. „Doch um am freien Markt bestehen zu können, mussten wir einiges umbauen.“ Die neuen Eigentümer sahen erhebliches Wachstumspotenzial vor allem jenseits der österreichischen Landesgrenzen. Langfristig sollte die Abhängigkeit von heimischen staatlichen Aufträgen so weit wie möglich reduziert werden.
Heute wachsen die Umsätze laut den Geschäftsführern pro Jahr um „zweistellige Prozentbeträge“. Die Gesamteinnahmen liegen im höheren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich – detailliertere Zahlen werden nicht bekannt gegeben. Etwa 20 Prozent der Umsätze stammen bereits von Auftraggebern außerhalb Österreichs. „Das Ende der Fahnenstange ist aber noch lange nicht erreicht“, glaubt Gausterer. „Wir peilen bei den Exporten mittelfristig die 30-Prozent-Marke an. Und längerfristig ist sicher noch mehr möglich. Das alles muss aber vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass die Exportquote vor fünf Jahren bei null lag.“
Eines der Standbeine des Auslandsgeschäfts ist der Druck von Briefmarken. Etwa ein Drittel des Umsatzes bestreitet die Staatsdruckerei heute mit deren Herstellung, wobei rund 30 Prozent des Auftragsvolumens im Ausland akquiriert werden. So ist die Wahrscheinlichkeit, dass Briefe im arabischen Raum mit aus Österreich stammenden Briefmarken frankiert sind, relativ hoch. Mit dem Oman etwa unterhält die Staatsdruckerei seit Längerem ein geschäftliches Übereinkommen. Dort stieß unter anderem die gemeinsam mit der österreichischen Post entwickelte „Swarovski-Kristallmarke“, die modernste Drucktechnologie mit in die Marke integrierten Kristallsplittern vereint, auf äußerst positive Resonanz. Für den Jemen wiederum hat die Druckerei bereits mehrere Milliarden Briefmarken produziert. Denn wie in anderen arabischen und auch asiatischen Ländern fehlen dort Produktionsmittel und das Fachwissen, um Briefmarken in ausreichender Menge und Qualität herzustellen.
Und auch im Fernen Osten scheinen die Produkte der Österreicher durchaus gefragt zu sein. Bei einer Geschäftsreise nach China, berichtet Gausterer, habe er am Ende der Seidenstraße ein winziges Postamt entdeckt. Aus reiner Neugierde habe er das dortige Angebot an Briefmarken gesichtet – und die mit Kristallsplittern besetzte Swarovski-Marke gefunden: „Das hat mich dann schon ein wenig stolz gemacht.“ Gemeinsam mit den Postgesellschaften von China und Österreich wird die Staatsdruckerei 2006 anlässlich des Mozart-Jahres zudem eine spezielle Briefmarke entwickeln – eine Weiterentwicklung des Swarovski-Konzeptes. Auf der Marke soll die Illusion eines Feuerwerks entstehen.
Sicherheitsdruck. Im Wege des Briefmarkengeschäfts, so der Plan der Österreicher, sollen allerdings auch Absatzkanäle für weitere Produkte eröffnet werden: vor allem für den Export von Sicherheitsdokumenten. Denn im Zusammenhang mit der Briefmarkenherstellung, so Thomas Zach, „stellen wir unser Können im Sicherheitsdruck unter Beweis“. Internationale Konferenzen und Zusammenkünfte von Briefmarkendruckern werden nun vorwiegend zum Knüpfen von Kontakten genutzt: „Dadurch gelingt es uns immer besser, die für uns recht neuen Märkte zu bearbeiten“, meint Reinhart Gausterer.
Denn die Staatsdruckerei exportiert neben Briefmarken auch Sicherheitsdokumente wie Reisepässe. „Ausgenommen sind zwar Süd- und Nordamerika, besonders gut vertreten sind wir dafür in Asien und Afrika“, sagt Gausterer. Zwecks steter Innovation wird dabei auch mit Unternehmen wie Philips und dem Chiphersteller Infineon sowie Wissenschaftern des Forschungszentrums Seibersdorf und der deutschen Fraunhofer-Institute kooperiert. Angespornt wurde die Zusammenarbeit mit den Experten durch die Entwicklung des neuen, ab kommenden Herbst international vorgeschriebenen Reisepasses, der biometrische Daten seiner Inhaber dauerhaft speichern soll. Die im nächsten Jahr eingeführten Reisedokumente müssen vorerst zwar lediglich ein Foto des Inhabers elektronisch gespeichert haben, doch in der Staatsdruckerei ist man bereits auf die Speicherung weiterer, umfangreicherer Sicherheitsmerkmale vorbereitet.
Gemeinsam mit dem Forschungszentrum Seibersdorf wird derzeit außerdem an neuen Druckfarben getüftelt, die unverwechselbar und fälschungssicher sein sollen. Ein mögliches Geschäftsfeld schwebt Gausterer bereits vor: „Ein indischer Beamter hat mir einmal im Vertrauen erzählt, dass ihre Lebensmittelmarken für Bedürftige recht oft gefälscht werden. Die Fälscher hamstern Konsumgüter und verkaufen sie dann.“
Johannes Strohmayer, ECP-Chef und Aufsichtsratsvorsitzender der Staatsdruckerei, zeigt sich mit der Entwicklung des Unternehmens jedenfalls durchaus zufrieden. „Besser konnte eine Privatisierung nicht laufen“, meint der frühere LIF-Politiker. „Der Finanzminister kassiert heute von uns mehr Steuern, als er früher Dividende bekam.“ Knapper äußern sich naturgemäß die früheren Eigentümer. „Wir denken, dass die nunmehrigen Gesellschafter durchaus zufrieden sein können, wie sich das Unternehmen entwickelt hat“, konstatiert ÖIAG-Sprecherin Anita Bauer. Gerhard Hennerbichler wiederum, Zentralsekretär der Gewerkschaft Druck, Journalismus und Papier, findet, dass „bei der Privatisierung für uns zwar eine recht unangenehme Situation aufgrund personeller Härten entstanden ist“. Dennoch könne man „die Staatsdruckerei als einen der wenigen österreichischen Musterbetriebe bezeichnen“.
Offenbar sehen dies auch ausländische Geschäftspartner und Branchenbeobachter ähnlich: Im vergangenen Jahr erhielt die Staatsdruckerei, passend zum 200-jährigen Bestehen des Unternehmens, in einer bestimmten Kategorie den ersten Preis bei der „Government Postage Stamp Printers Conference“ – einer Art Oscar-Verleihung für Briefmarkenhersteller.
Mario Wally

Quelle: Profil 39/05 (>>> http://www.profil.at/index.html?/articles/0538/560/122198.shtml)

Raiffeisen wird Berater bei Privatisierung der kroatischen INA

Gemeinsam mit Merrill Lynch – HTV: Bestätigung der Zagreber Regierung am Donnerstag erwartet
Zagreb – Ein Konsortium der Raiffeisenbank und der amerikanische Merrill Lynch wird die Zagreber Regierung bei der Privatisierung des kroatischen Öl- und Gaskonzerns INA, der größten Firma Kroatiens, beraten.Das berichtete das der staatliche kroatische TV-Sender HTV am Mittwochabend. Eine Regierungskommission sei zu dem Schluss gekommen, dass das Angebot dieses Konsortiums das beste sei. Laut HTV werde die kroatische Regierung bei einer Sitzung am Donnerstag diese Entscheidung bestätigen. Die Berater würden zwischen vier und fünf Millionen Euro verdienen. Wie Medien in Zagreb berichteten, habe es auch fünf andere potenzielle Finanzberater gegeben: Das Konsortium der Ersten Bank, der kroatischen Hrvatska Postanska Banka und UBS; das Konsortium Credit Suisse, Hypo-Alpe-Adria, Auctor Brokers; das Konsortium CAIB (Creditanstalt Investment Banking) und City Group; das Konsortium der britische HSBC und der Zagrebacka Banka; das Konsortium der Deutschen Bank, Morgan Stanley und der kroatischen Privredna Banka. Kroatiens Premierminister Ivo Sanader hatte im Mai dieses Jahres angekündigt, 15 Prozent des Erdölkonzerns INA über die Börse verkaufen zu wollen. Die Ausschreibung erfolgte Anfang August. Der ungarische INA-Partner MOL begrüßte ausdrücklich die Ankündigung Sanaders. MOL hatte 25 Prozent plus eine Aktie der INA im Herbst 2003 um 505 Millionen Dollar (damals 450 Mio. Euro) gekauft. (APA)
Quelle: Der Standard, 22.09.2005 (>>> http://derstandard.at/?url=/?id=2182912)

Ablenkungsmanoever

Es war absehbar. Die Machenschaften rund um Immobilienverkäufe der Suva im Tessin haben dazu geführt, dass einige damit ihr politisches Süppchen kochen. Die SVP reagierte einmal mehr am schnellsten. Sie fordert die Privatisierung der Unfallversicherungsanstalt. Der unterstellte Zusammenhang zwischen den bisher sieben Verhaftungen (darunter der ehemalige Immobilienverantwortliche der Suva) und der Privatisierung lautet dabei wie folgt: Wäre die Suva eine private Versicherung, wäre dies nicht passiert. So einfach und so knapp drückt sich etwa SVP-Nationalrat Guy Parmelin aus. Dabei geht vergessen: Selbst private Unternehmen – siehe Banken – sind gegen massive Verluste und illegale Praktiken im Immobiliensektor nicht gefeit.
Auch wenn also nicht ganz klar wird, wo der Zusammenhang zwischen einer Privatisierung der Suva und den mutmasslich (noch ist nichts bewiesen) luschigen Immobilientransaktionen liegt, ist das Thema «Privatisierung» selbstverständlich diskussionswürdig. Es wurde denn auch bereits ziemlich ausgiebig darüber gebrütet, und zwar vor der geplatzten Immobilienaffäre. Ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass eine Studie aus der Feder des St. Galler Wirtschaftsprofessors Franz Jaeger erschienen ist, der im Auftrag des Bundesrates eine «Kosten-Nutzen-Analyse» der Suva erstellt hatte. Diese fiel durchaus positiv zugunsten der heutigen Regelung aus, auch wenn Jaeger selbst einer Privatisierung wohlwollend gegenübersteht.
Im Schlussbericht der Studie steht zum Beispiel: «Im gegenwärtigen Zustand können keine bedeutsamen Ineffizienzen festgestellt werden.» Und: «Die Suva schneidet – im Vergleich mit den privaten Unfallversicherern – hinsichtlich des Verhältnisses von Versicherungsleistungen und Einnahmen aus Sicht der Versicherten gut ab.» Bei der Suva fallen keine Kosten für Werbung und Ähnliches an, und die Verwaltungskosten sind tief, was bei einem (Teil-)Monopol allerdings auch nicht weiter überrascht. Negativ verbuchen könnte man, dass bei monopolartigen Gebilden die Innovation gerne etwas zu kurz kommt.
Doch wie auch immer, die Frage der Privatisierung lenkt zurzeit lediglich vom akuten Problem ab, dem die Suva gegenübersteht. Die Suva-Führungsriege muss nun alles daran setzen, dass sie den Reputationsverlust, den sie sich eingehandelt hat, einigermassen begrenzen kann. Die Strafuntersuchungen liegen in den Händen der Tessiner Behörden. Doch dem Verwaltungsrat, in dem nicht weniger als 40 Arbeitgeber-, Arbeitnehmer- und Bundesvertreter sitzen, obliegt es, die internen Konsequenzen zu ziehen – und zwar rasch und in transparenter Weise. Sonst ist das politische Süppchen noch lange nicht gegessen.
24. September 2005, Neue Zürcher Zeitung